© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 21/17 / 19. Mai 2017

Blök, blök, blök
Naturkunde: Der Kulturkorrespondent und Jäger Eckhard Fuhr hat ein Büchlein über Schafe geschrieben
Richard Stoltz

Das Schaf blökt immer gleich“, lautet ein gängiges französisches Sprichwort. Ist das der Grund, weshalb jetzt der an sich eher auf Feinheiten bedachte Berliner Verlag Matthes & Seitz ein Büchlein mit dem Titel „Schafe“ herausgebracht hat? Das Gleichblöken ist ja sowohl jenseits wie diesseits des Rheins sehr in Mode gekommen. Die hiesige linke Kritik zeigt sich denn auch begeistert von der Edition. Es sei ein „hinreißendes Buch“, jubelt die taz.

Der Autor des Bändchens, Eckhard Fuhr, bekannter Tierfreund und begeisterter Jäger, gibt sich viel Mühe, die Schönheit und Symbolhaltigkeit des Schafs herauszuarbeiten, aber auch er kann nur bestätigen, was längst allgemein akzeptiert ist: Das kleine Schäflein, das Lämmchen, ist wie alle Säugetierkinder äußerst niedlich und sorgebedürftig, doch ein ausgewachsener, permanent vor sich hin stinkender und dauernd dasselbe blökender Schafbock ist – vorsichtig ausgedrückt – eine ästhetische Verlegenheit. 

Keine Spur von Symbolik ist um ihn. Andere Haustiere, ob Hund oder Katze, aber auch Pferde und Rinder, sind ihm in jeder Hinsicht haushoch überlegen. Sogar der springfreudige Ziegenbock ist schöner, interessanter, wahrscheinlich auch klüger. Ziegen meckern, Schafe blöken. Die Rhetorik, die sich um das Schaf entfaltet hat, ist durch die Bank negativ. Man spricht von Schafsköpfigkeit, völlig blindem Herdentrieb. Alle Romantik, die die Schafhaltung umweht, gehört dem Schäfer und seinen Hunden (und den die Herde umschleichenden Wölfen), nicht der Herde selbst.

Pius II. (1405–1464), wohl der gelehrteste Papst, der je in Rom regiert hat, und ein großer Biologe, entgegnete einst auf die Frage seines Privatsekretärs, warum er noch nie ein Wort über die Schafe niedergeschrieben habe, etwas unwirsch: „Man fragt nicht nach der Weide der Schafe, sondern nur nach ihrer Wolle.“ Heute könnte man hinzufügen: Blöken tun genügend andere.