© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 22/17 / 26. Mai 2017

„Ins Gespräch kommen“
Kirchentag II: Können Christen Mitglied in der Alternative für Deutschland sein? Darüber diskutiert die AfD-Politikerin Anette Schultner auf einem Podium am Donnerstag
Christian Vollradt

Ihr Auftritt beim Kirchentag sorgte schon im Vorfeld für mehr Wirbel als der des amerikanischen Ex-Präsidenten Obama oder der eines atheistischen Linken-Politikers. Freuen Sie sich darauf, eine Bühne für Ihre „rechte Propaganda“ geboten zu bekommen?

Schultner: Ich freue mich darüber, auf dem Kirchentag diskutieren zu können. Das Wichtigste ist doch, daß wir miteinander ins Gespräch kommen und die in letzter Zeit verschärfte Spaltung der Gesellschaft überwinden. Es geht um einen Dialog – und auf keinen Fall um Propaganda!

Einer Ihrer Diskussionspartner ist der Berliner Landesbischof Markus Dröge. Der warf der AfD vor, sie stehe für einen „Kulturverlust“. Christen hätten in der Partei daher nichts verloren.

Schultner: Die AfD steht nicht für einen Kulturverlust, die AfD kämpft gegen einen Kulturverlust. Das ist eines unserer wichtigsten Anliegen. Die buchstäblich grenzenlose Politik der Bundesregierung, vor allem bei den Themen Migration und Integration, führt ja gerade zu einem Verlust an Kultur. Und dem stellen wir uns entgegen. Wenn Bischof Dröge also gegen Kulturverlust ist, dann ist er unser bester Freund.

Nun stammt der typische Kirchentagsteilnehmer erfahrungsgemäß eher aus dem links-protestantischen Milieu. Stehen Sie in der Debatte dann nicht auf verlorenem Posten?

Schultner: Sicherlich werden wir uns dort auch streiten; das sagt ja schon der Name des Gesprächsformats: „Streitzeit“. Mir geht es aber wirklich darum, ins Gespräch zu kommen und so ein Stück Normalität herzustellen. Gerade für Christen kann doch diese zunehmende Verhärtung der Fronten nicht wünschenswert sein. Wenigstens punktuell müßten Gemeinsamkeiten zu finden sein.

Andererseits hat ein AfD-Vorstandsmitglied den beiden großen Amtskirchen gravierende Rechtsverstöße vorgeworfen und gefordert: „In dem Verein sollte von uns keiner mehr Mitglied sein.“

Schultner: Die Partei erlebt immer wieder, daß unsere gesetzlich verbrieften Rechte erheblich in Frage gestellt werden. Wenn Teile der Kirche und kirchennahe Organisationen keine Probleme mit linksextremen Demonstranten haben, ruft das bei manchem in der AfD eben emotionale Reaktionen hervor.

Vermissen Sie thematisch etwas beim Kirchentag?

Schultner: O ja, das tue ich! Meiner Meinung nach muß die Hauptfunktion eines Kirchentags darin bestehen, daß er missionarisch wirkt. Alles andere ist nachrangig. Kirchen haben den Auftrag, zu vermitteln, wer Jesus Christus ist, den Menschen zu sagen, wie sie Erlösung finden. Wenn es aber von offizieller Seite heißt, Ziel sei nicht die Mission, offenbart dies ein problematisches Selbstverständnis.






Anette Schultner ist Bundesvorsitzende der „Christen in der AfD“. Die Dozentin für Deutsch in der beruflichen Fortbildung war bis 2013 Mitglied der CDU und gehört einer evangelischen Freikirche an.

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