© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 22/17 / 26. Mai 2017

Ein romantisierender Eindruck bleibt
Bezahlfernsehen: Mit der Serie „4 Blocks“ des Senders TNT hält die Clan-Kriminalität Einzug in die Popkultur
Werner Müller

Es ist eine Mischung aus „Sopranos“, „Allein gegen die Mafia“ und „Der Pate“. Im Bezahl-TV-Sender TNT läuft derzeit die in der Hauptstadt produzierte Serie „4 Blocks“. Toni ist der Boß eines arabischen Familienclans in Berlin-Neukölln, dabei will er insgeheim nur eins: die Gewalt für Frau und Kind hinter sich lassen und ein sauberer Unternehmer werden. 

Doch der Ausstieg erscheint unmöglich, denn sein Nachfolger und insgeheimer Konkurrent – sein cholerischer Bruder Abbas – kriegt es nicht hin. Und so muß Toni, unter Druck gesetzt von rivalisierenden Rockern und der Polizei, doch noch ein bißchen kriminell bleiben. Eigentlich heißt Toni auch gar nicht Toni, aber sein Geburtsname Ali klingt dann doch zu fremdländisch für einen, der gerne „der deutscheste Deutsche“ werden möchte. 

Drei Jahre haben die Drehbuchautoren Hanno Hackfort, Bob Konrad und Richard Kropf für den Sechsteiler über die Machenschaften arabischer Großfamilien recherchiert. TV-Kritiker hatten zunächst die Befürchtung, es könne ein „AfD-Fernsehen entstehen“, welches fremdenfeindliche Klischees bediene. Aber Kenner der Szene halten die Darstellung der Hauptfiguren und des brutalen Gangster-Alltags für realistisch. Allerdings erscheint zweifelhaft, ob das dem Clan-Chef unterstellte Ausstiegsszenario wirklich dem wahren Leben entspringen könnte. So bleibt der Eindruck haften, die Clans, die im Alltag vieler deutscher Großstädte eine immer beängstigendere Rolle spielen und trotzdem mit der Serie den Zugang zur Popkultur geebnet bekommen, bestünden irgendwie doch aus netten Jungs. 

Dietaz bläst ins selbe Horn, wenn sie Regisseur Marvin Kren damit zitiert, daß viele nur darauf gewartet hätten, „daß sie endlich mal jemand fragt“. Hauptdarsteller Kida Khodr Ramadan sei die Eintrittskarte in diese Parallelwelt gewesen, sagt Kren. Der libanesische Kurde kenne in Neukölln viele Leute aus dem Milieu und habe mehrere Kontakte vermittelt. „Ich war überrascht, wie bereitwillig sie aus ihrem Leben erzählt haben.“ Dabei habe er überzeugte Verbrecher kennengelernt, aber auch solche, die ihr Handeln kritisch betrachten und lieber etwas anderes machen würden. So bleibt am Ende dann doch ein etwas romantisierender Eindruck. Regisseur Kren hat dann auch auffallend viele Sympathien für die Clans. Die kriminellen Karrieren halte er für ein Ergebnis „aus der Ablehnung und der Benachteiligung, die sie in Deutschland erfahren haben; kombiniert mit den Ehrvorstellungen vieler Araber sowie den starken Familienstrukturen.“ 

Über weitere Aufträge braucht er sich keine Gedanken zu machen. Das US-amerikanische Medienunternehmen Turner, dem TNT gehört, hat bereits eine zweite Staffel in Auftrag gegeben. „Die Resonanzen gerade in den sozialen Netzwerken seien begeisternd“, heißt es in einer Erklärung.