© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 24/17 / 09. Juni 2017

Ländersache: Berlin
Gewalt macht Schule
Ronald Berthold

Deutsche Kinder haben es an Berliner Schulen nicht immer leicht. Schon länger klagen Eltern, daß vor allem arabische und türkische Jugendliche ihre Mitschüler drangsalierten. Lehrer tun sich oft schwer, das Kind beim Namen zu nennen – aus Furcht, in die islamophobe Ecke gedrängt zu werden. Doch durch dieses Wegsehen fehlen Lösungsansätze. Wie zum Beispiel umgehen mit anerzogener Machokultur muslimischer pubertierender Jungs?

Während dieses Problem mangels statistischer Erfassung weitgehend im dunkeln bleibt, steht nun fest, daß die Zahl der meldepflichtigen Gewalttaten und Sexualdelikte seit Beginn der Flüchtlingskrise im September 2015 an Berliner Bildungseinrichtungen sprunghaft angestiegen und erneut einen Rekord bricht. Allein während des im Januar zu Ende gegangenen ersten Halbjahres meldeten die Schulen 430 gefährliche körperliche Übergriffe – so viele wie noch nie zuvor. Es geht hier laut bürokratischer Beschreibung um „Mißhandlungen, die eine Gesundheitsschädigung des Opfers billigend in Kauf nehmen oder herbeiführen“. Auch die Zahl der sexuellen Übergriffe steigt – wie überall in Deutschland – nun an Berliner Schulen sprunghaft an. 45 dieser Fälle meldeten die Verantwortlichen zwischen September 2016 und Januar 2017. Das sind mehr als doppelt so viele wie noch vor zwei Jahren – dem letzten Semester vor der Grenzöffnung.

Die Pflicht, solche Vorfälle zu registrieren und an den Senat weiterzugeben, schreibt seit Jahren der „Notfallplan“ fest. Diese Meldungen erfassen allerdings keine Angaben über einen möglichen Migrationshintergrund.

Neuerdings bringen auch immer mehr Kinder und Jugendliche Waffen mit in den Unterricht. Fünfzigmal erwischten Lehrer ihre Schüler im ersten Halbjahr mit Messer, Schlagstock oder Pistole. Nach den Sommerferien dürfte die Zahl wohl im dreistelligen Bereich liegen. Wie dramatisch sich die Situation verschärft, zeigt ein Blick auf die vergangenen Statistiken. Da gab es stets nur rund 40 solcher Fälle – und zwar im gesamten Schuljahr. Mit der Flüchtlingskrise schnellte die Zahl 2015/2016 dann plötzlich auf 80 hoch. Tendenz stark steigend. 

Doch Kinder tragen die Waffen nicht nur bei sich, sie wenden sie an; im vergangenen Halbjahr zwölfmal – ebenfalls ein deutlicher Anstieg. Opfer sind nicht nur Mitschüler. Daß auch für Lehrer und Angestellte ihr Arbeitsplatz kein sicherer Ort mehr ist, zeigt die Zahl der Übergriffe auf das Schulpersonal. Rund 280 von ihnen wurden von ihren Schülern körperlich angegriffen – doppelt so viele wie früher.

Wie reagiert die Politik auf diese dramatische Entwicklung? Mit Beschwichtigungen. Die Zahlen aus dem ersten Halbjahr dürften nicht einfach verdoppelt werden, um auf das gesamte Schuljahr hochzurechnen, betonte Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD). Doch zur Wahrheit gehört, daß in der Vergangenheit die gemeldeten Fälle im zweiten Halbjahr stets höher waren als im ersten.

Einen Zusammenhang des explosionsartigen Anstiegs der Gewalttaten an Schulen mit dem starken Zuzug stellen lediglich Lehrer hinter vorgehaltener Hand her. Die Senatorin fordert die Schulen lediglich zur „Gewaltprävention“ auf.