© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 24/17 / 09. Juni 2017

Zeitschriftenkritik: Psychologie Heute
Eins nach dem anderen
Werner Olles

Sich in einer Welt voller Ablenkungen auf eine bestimmte Sache zu konzentrieren ist nicht so einfach. Klingelnde Mobiltelefone, neue Mails und WhatsApp-Nachrichten verleiten uns nicht nur zu sofortigen Reaktionen, sondern lenken auch von gerade zu erledigenden Dingen ab. Ein „Zustand ablenkungsfreier Konzentration“ ist in einer modernen digitalisierten Gesellschaft immer schwerer zu erreichen. Wie man derartigen Störungen, die uns nur konfuser und nervöser machen, Paroli bieten kann, beschreibt die Titelgeschichte „Konzentrieren Sie sich!“ der aktuellen Ausgabe (Juni 2017) der monatlich erscheinenden Zeitschrift Psychologie Heute.

Es geht darum, aus einem „Zustand mentaler Zersplitterung“ in eine „innere Sammlung“ zu kommen: „Mono- statt Multitasking“. Das bedeutet, eins nach dem anderen zu tun, große Aufgaben in überschaubare Portionen aufzuteilen, regelmäßige Pausen zu machen und für störungsfreie Zeiten zu sorgen. Ausreichend Schlaf, Bewegung und tägliches Meditieren sind dabei hilfreich, so lauten die Erkenntnisse der Neuroforschung und kognitiven Psychologie. Tatsächlich kostet es eine Menge Energie, ständig von einer Sache zur anderen zu springen und die Aufmerksamkeit wieder zum Ausgangspunkt zu lenken. Denn auch sie ist eine begrenzte Ressource, und wer mit seinen Gedanken dauernd abschweift, braucht jeweils mehrere Minuten, um den Faden wieder aufzunehmen. Je öfter das geschieht, um so schwächer wird die Konzentration. Dabei funktioniert Aufmerksamkeit wie ein Muskel, den wir trainieren können. Als Königsweg, die „geistige Autonomie“ zu erhöhen, bezeichnen Forscher die tägliche Meditation.

Wege aus der Verblendung und dem Fanatismus zeigt der Beitrag „Einmal Salafist – immer Salafist?“ auf. Der Versuch, extremistische junge Muslime zu erreichen, sei zwar schwierig, aber keineswegs aussichtslos. Die Konversion zum Islam sieht der Autor Wolfram Eberhardt jedoch nicht als Warnzeichen, sondern als „natürliches Verlangen des Menschen nach Spiritualität“, da „innerweltliche“ Antworten heute nur noch schwer zu bekommen seien. Blickt man auf die in vielerlei Hinsicht modernistisch entkernte christliche Religion, ist das sicher nicht falsch. Zudem sei das Leben in einer Schwarzweiß-Welt, in der sich Salafisten und Dschihadisten aufhielten, in der man nur Freund oder Feind kenne und Christen, Juden oder Agnostiker als „Ungläubige“ ausgrenze, relativ einfach. In der Scharia fänden sich Vorschriften für fast alle Dinge im Leben, auch für den Kampf gegen die Feinde des Islam, den Dschihad. Das Wichtigste sei es daher, die Denkverbote, die in der Szene herrschten, zu durchbrechen, die zahlreichen Widersprüche im Koran aufzudecken und so Zweifel zu säen, um den Glauben der Verführten als Ideologie zu entlarven.

Weitere Beiträge befassen sich mit der Zauberei als Forschungsfeld, dem „bedingungslosen Grundeinkommen“ und der Effizienz von Langzeit-Psychotherapien.

Kontakt: Beltz Verlag, Postfach 10 05 65, 69445 Weinheim. Das Einzelheft kostet 6,90 Euro, ein Jahresabo 76,90 Euro.

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