© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 25/17 / 16. Juni 2017

Unterhauswahlen in Großbritannien
Verpokert
Thorsten Brückner

Die britische Premierministerin Theresa May hat gepokert – und verloren. Dabei war ihre Entscheidung, sich ein neues Mandat für die Austrittsverhandlungen mit der EU zu holen, richtig. Haushoch führten ihre Tories Anfang Mai in den Umfragen. May verspielte diesen Vorsprung durch den wohl schlechtesten Wahlkampf in der jüngeren britischen Geschichte. Nun haben Kräfte in ihrer eigenen Partei Oberwasser, die den Austritt aus der EU verwässern und das Land weiter im europäischen Binnenmarkt halten wollen. Zum Regieren braucht May auch die 13 schottischen Abgeordneten ihrer Partei, ohne deren Erfolg ihr Widersacher Jeremy Corbin nun in Downing Street Nummer 10 einziehen würde. Diese Mandatsträger stehen einem „harten Brexit“ skeptisch gegenüber.

 Einen unerwarteten Verbündeten könnte May ausgerechnet in der wiedererstarkten Labour-Partei finden, die sich in ihrem Wahlmanifest zu einem Austritt aus dem Binnenmarkt bekennt. Mit den nordirischen Unionisten sollte die Premierministerin zudem einen verläßlichen Bündnispartner gefunden haben. Mays größtes Problem ist ihre eigene Partei, die sie nach dem Wahldebakel angezählt hat. Schon etwas mehr als eine Handvoll Abweichler könnte sie zu Fall bringen. Kaum einer erwartet, daß sie die Konservativen in eine weitere Abstimmung führen wird. Ihr Außenminister Boris Johnson scharrt schon mit den Hufen.