© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 26/17 / 23. Juni 2017

Putsch gegen die Populisten
Finnland: Die Wahl des neuen Parteichefs Jussi Halla-aho stürzt die Finnen-Partei in eine handfeste Krise / 20 Parlamentarier gründen neue Fraktion
Curd-Torsten Weick

Die Freude währte nur kurz. Mit 949 Stimmen hatte sich Jussi Halla-aho  im Rennen um den Vorsitz der Finnen- Partei (PS) gegen seinen Konkurrenten Sampo Terho (629 Stimmen) durchgesetzt. Lächelnd gratulierte der Unterlegene dem 46jährigen zum Sieg.
 
Nach seinem Sieg am 11. Juni betonte Halla-aho, Angaben des finnischen Rundfunks YLE zufolge, daß die Einwanderung zentrales Thema seiner Politik sein werde. „Ich habe stets auf die Horrorvisionen aufmerksam gemacht, die mit Einwanderung und Multikulturalismus zusammenhängen“, hatte er im Gespräch mit der JUNGEN FREIHEIT (JF 25/14) betont und im gleichen Atemzug vor einer „unkontrollierten Einwanderungswelle“, religiösem und – vor allem islamistischem – Radikalismus sowie ethnischen Spannungen gewarnt.

Gerade diese Haltung, gepaart mit  dezidierter Kritik an der EU, dienten Ministerpräsident Juha Sipilä als Anlaß, die Regierungskoalition mit den rechtsnationalen Finnen einen Tag später aufzukündigen. Neben dem Vorsitzenden der Zentrumspartei sprach sich auch der Chef der Nationalen Sammlungspartei (NCP) Petteri Orpo dafür aus, den seit April 2015 bestehenden Pakt zu beenden. Die Schwedische Volkspartei witterte ihre Chance und signalisierte flugs ihre ihre Bereitschaft zur Bildung einer neuen Regierungskoalition.

Wieder einen Tag darauf ließen Sampo Terho und 19 weitere Parlamentsabgeordnete der Finnen-Partei, darunter auch der Parteigründer Timo Soini, die Bombe platzen. Sie kündigten Halla-aho die Gefolgschaft. Mit dem „Antimigrations-Hardliner“ und den „Elementen“, die die Partei übernommen hätten, wolle man nicht mehr zusammenarbeiten, erklärte der Sprecher der neuen Parlamentsfraktion „Neue Alternative“ Simon Elo. Arbeitsminister Jari Lindström pflichtete ihm bei. Dies sei nicht mehr die Partei, der er einst beigetreten sei, erklärte der 51jährige. „Die Partei, in der wir alle einmal Mitglieder waren, die gibt es nicht mehr“, betonte Außenminister Soini, der die einstige Protestpartei bereits bei der Parlamentswahl 2015 auf einen moderaten Kurs geführt hatte. Unbequeme Personen wie Halla-aho wurden entfernt oder nach Brüssel geschickt, und kontroverse Themen wie Einwanderung spielten kaum noch eine Rolle im Wahlkampf.

 Während Halla-aho völlig überrascht und konsterniert den „Putsch“ geißelte, zeigte sich Ministerpräsident Sipilä zufrieden. Die Regierungsarbeit werde  mit der „Neuen Alternative“, die sich Anfang dieser Woche in „Blaue Reform“ umbenannte und künftig auch als Partei wirken will, fortgesetzt.

Halla-aho dagegen will mit den restlichen 15 Finnen-Parlamentariern einen „populistischen, also einen auf echter Volkspopularität basierenden, eben nicht elitären“ Kurs fahren.