© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 27/17 / 30. Juni 2017

Überschwengliches Lob für die Soldaten
Belgien: 1.250 Armeeangehörige schützen öffentliche Gebäude, Bahnhöfe und Flughäfen / Die Polizei jedoch wagt kaum, die Problembezirke zu betreten
Mina Buts

Gelangweilt patrouillieren die beiden Soldaten in voller Montur, mit Kopfbedeckung, schußsicherer Weste und halb verdecktem Gesicht vor dem Brüsseler Hauptbahnhof auf und ab. 24 Stunden am Tag, jeden Tag der Woche. Überwiegend in Brüssel, aber auch in anderen Städten des Landes sind 1.250 Soldaten der belgischen Armee einsetzt, um öffentliche Gebäude, Bahnhöfe und Flughäfen zu beschützen, allein 140 von ihnen mit dem Auftrag, die teilweise äußerst maroden Atomkraftwerke des Landes zu bewachen. 

Gerade mal eine Woche ist es her, daß ein Soldat einen erneuten terroristischen Angriff, diesmal auf den Hauptbahnhof von Brüssel, stoppen konnte. Die abgestellten Kofferbomben des Täters zündeten nicht richtig, der 36jährige Attentäter Oussama Zariouh konnte noch „Allahu Akbar“ rufen, bevor er von einem Soldaten, den er bestürmte, erschossen wurde. Noch Stunden später war der Hauptbahnhof gesperrt, um den Sprengstoffgürtel des Attentäters zu entschärfen.

Clanstrukturen sind undurchdringlich 

Wie so oft kam der Täter aus dem Brüsseler Stadtteil Molenbeek, der sich in den vergangenen Jahrzehnten zu einer Hochburg nicht nur der marokkanischen Wohnbevölkerung, sondern vor allem zu einer Hochburg des islamistischen Terrorismus entwickelt hat. Die polizeiliche Verstärkung für Molenbeek um immerhin dreißig Mann hat daran nichts ändern können. 

Wie gut die Clanstrukturen dort funktionieren, mag die Tatsache klarlegen, daß von 20.000 durchleuchteten Einwohnern dieses Stadtteils keiner Auskunft über Zariouh geben konnte oder wollte. 

Überhaupt hat sich dieser Stadtteil ebenso wie Antwerpen-Borgerhout zu einer Art „No-go-Area“ nicht nur für die eigentlich einheimische Bevölkerung, sondern mittlerweile auch für die Polizei entwickelt. Als Ende vergangener Woche Rettungsdienste nach Borgerhout ausrückten, um Verletzte eines Verkehrsunfalls zu versorgen, wurden sie von 60 Bewohnern mit Eiern beworfen. Erst die später eintreffende Polizei konnte die Situation wieder beruhigen. Bei einem Versuch einer Unfallaufnahme am Wochenende wurde ein Polizist ebendort durch ein Wurfgeschoß ungeklärter Art am Kopf verletzt. Von der Messerstecherei in Molenbeek am vergangenen Wochenende, bei der auch Baseballschläger eingesetzt wurden, kursieren zwar Filme im Internet, auf denen auch schwere Verletzungen zu sehen sind, die Polizei wurde jedoch gar nicht erst hinzugerufen. 

Mittlerweile scheint sich auch ein neuer Volkssport bei den jugendlichen Migranten zu etablieren: Beinahe täglich verabreden sich größere Gruppen junger Männer aus zwei verschiedenen Orten an einem beliebigen Bahnhof zur Massenschlägerei. Die Polizei kann bei diesen extrem gewalttätigen Prügelattacken wenig ausrichten. 

Die kürzlich aufgeworfene Frage, ob die statischen Patrouillen des Militärs abgeschafft und durch flexiblere Kleingruppen von jeweils acht Soldaten, denen dann ein festgelegter Bezirk zur Kontrolle obliegen würde, ersetzt werden sollten, dürfte durch die Entwicklungen der vergangenen Wochen neue Nahrung erhalten haben. 

Zwar versucht der Staatssekretär für  Asyl und Migration, Theo Francken (N-VA), durch die Abschiebung krimineller illegaler Einwanderer Härte zu zeigen – allein im Mai 2017 wurden 151 Menschen in ihre Heimat abgeschoben. Es sind auch schon erste Rufe nach einer Liberalisierung des Waffenrechts zum Selbstschutz zu hören, so von dem Journalisten Jonas Naeyaert im Nachrichtenmagazin Knack. Auf jeden Fall  führte der vereitelte Anschlag aber die fragile Sicherheitslage Belgiens erneut vor Augen. Politiker aller Parteien lobten die Soldaten überschwenglich. Die nationalkonservative N-VA fühlt sich bestätigt, doch, so ihr Vorsitzender Bart de Wever: „Dafür hatte ich eigentlich gar keine Bewunderung nötig.“