© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 27/17 / 30. Juni 2017

Frisch gepresst

Felix Hartlaub. Mit postum publizierten Aufzeichnungen aus dem „Sperrkreis“ des ostpreußischen Führerhauptquartiers brachte es der im Mai 1945 verschollene Felix Hartlaub in der frühen Bundesrepublik zu einigem Nachruhm. Sein eher essayistisches denn diaristisches Werk, gleichwohl als „verstecktes Tagebuch von eigenwillig-dunkler Schwermut“ (Gustav René Hocke) rezipiert, wurde als Erbe eines der „stärksten Prosa-Talente der jüngeren deutschen Generation“ (Hans Egon Holthusen) hymnisch gelobt. Es schien das Selbstverständnis junger Intellektueller zu spiegeln, die der NS-Faszination nicht erlagen und sich in die Innere Emigration flüchteten. Der Hitler-Biograph Wolfram Pyta und Wolfgang M. Schwiedrzik, Kenner des „anderen Deutschlands“, tragen mit der Neuausgabe von Hartlaubs Dissertation „Don Juan d’Austria und die Schlacht bei Lepanto“ (1940) zu dessen Revision bei. Denn erst die Doktorarbeit über die Abwehr der osmanisch-islamischen Bedrohung des Abendlandes bei Lepanto (1571) sowie Hartlaubs Anteil am Kriegstagebuch des Oberkommandos der Wehrmacht gebe die Sicht frei auf seine Biographie und auf einen Abschnitt deutscher Geschichte in ihrer „ganzen Widersprüchlichkeit“. (ob)

Wolfram Pyta u.a. (Hrsg.): Felix Hartlaub. „Don Juan d’Austria und die Schlacht bei Lepanto“. Edition Mnemosyne, Neckargemünd 2017, gebunden, 292 Seiten, Abbildungen, 24 Euro





Literaturgeschichte. Marilyn Monroe, in „Manche mögen’s heiß“, das präparierte Prachtexemplar eines Thunfisches anstaunend: „Wie kommen so große Fische in so kleine Dosen?“ Eine Frage, die sich auch für eine Kurzvorstellung der 1.300seitigen „Geschichte der deutschsprachigen Literatur 1918 bis 1933“ des Ernst-Jünger-Forschers Helmuth Kiesel quälend stellt und praktisch nur als Intro einer ausführlichen Rezension mit begründeter Kaufempfehlung gelten kann. Denn in so umfassender, Geistes- und Zeitgeschichte verknüpfender, sich wenig um politische Benotungen kümmernder Weise ist die Literaturgeschichte der Weimarer Republik bisher nicht dargestellt worden. Was schon erste, Wissenschaft mit Volkspädagogik notorisch verwechselnde Bedenkenträger wie Thomas Karlauf auf den Plan rief, der Kiesel in der FAZ abmahnte, es bezüglich der konservativen und völkischen Autoren bitte nicht zu weit zu treiben mit der „Objektivität“. (wm)

Helmuth Kiesel: Geschichte der deutschsprachigen Literatur 1918–1933. Verlag C. H. Beck, München 2017, gebunden, 1.304 Seiten, 58 Euro