© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 28/17 / 07. Juli 2017

Frisch gepresst

Akademische Freiheit. Wohl nur das schrille Medienecho auf den richterlich gedeckten Verleumdungsfeldzug gegen den Berliner Osteuropa-Historiker Jörg Baberowski preßte dem Deutschen Hochschulverband ein laues Manifest zur Verteidigung der Wissenschaftsfreiheit ab (JF 25/17). Wenn sich die Professorenschaft nicht zu mehr Solidarität und mutigerer Verteidigung ihrer Lehr- und Forschungsfreiheit aufrafft, mag dies ein Indiz dafür sein, wie stark der universitäre Raum des Sagbaren bereits geschrumpft ist. Ein „Bund Freiheit der Wissenschaft“ (BFW), wie ihn 1970 1.500 Professoren und andere Akademiker  als Antwort auf die Studentenrevolte gründeten, erscheint 2017 jedenfalls wie ein Märchen aus uralter Zeit. Wie würde der Bonner Historiker Konrad Repgen, neben Ernst Nolte und Hermann Lübbe ein prominenter BFW-Exponent, die heute auf der Linken adaptierten und verfeinerten Methoden „repressiver Toleranz“ wohl kommentieren, wenn er schon 1970 glaubte, derart zahllose Rechtsverletzungen habe es nicht einmal in der NS-Zeit gegeben? Entsprechend mußte die Dynamik dieses von den 68ern ausgelösten Wertewandels auch die gut organisierten „Beharrungskräfte“ des BFW letztlich überrollen. So lautet das Fazit der Kölner Dissertation von Svea Koischwitz, die die Geschichte des Bundes in seiner Hochzeit während des „Krisen- und Übergangsjahrzehnts“ der 1970er penibel rekonstruiert. Leider ohne zu erklären, warum konservative Rationalität dem linksliberalen Populismus von „Demokratie, Emanzipation, Fortschritt“ unterlag. (ob)

Svea Koischwitz: Der Bund Freiheit der Wissenschaft in den Jahren 1970–1976. Ein Interessenverband zwischen Studentenbewegung und Hochschulreform. Böhlau Verlag, Köln 2017, gebunden, 541 Seiten, 70 Euro





Flüchtlingskrise. Der aus dem libertären Milieu stammende Wiener Kaufmann Andreas Tögel hat eine gelungene Streitschrift publiziert, in der er grundlegende Probleme der Flüchtlingskrise auf den Punkt bringt. Auch wenn er prinzipiell gegen „Personenfreizügigkeit nichts einzuwenden hat“, beobachtet Tögel eine „bis zur Selbstzerstörung reichende Schuldigkeit zur Nächstenliebe“, die entgegen der Haltung der meisten Bürger in ganz Europa zur Staaträson erhoben wird. Dabei wird mutwillig sogar jede Wahrhaftigkeit in der Analyse der sozialen Folgeprobleme als störend diskreditiert. (bä)

Andreas Tögel: Flüchtlingswelle und Völkerwanderung. Die Zukunft Europas steht auf dem Spiel. Edition Aecht, Wien 2017, broschiert, 73 Seiten, 7,50 Euro