© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 29/17 / 14. Juli 2017

Grundsatzeinigung über Freihandelsabkommen EU–Japan
Reife Volkswirtschaften
Albrecht Rothacher

Wer hätte in den achtziger Jahren gedacht, daß jemals ein bilaterales Freihandelsabkommen zwischen Europa und Japan sinnvoll sein könnte? Damals war das Land der aufgehenden Sonne der Angstgegner der europäischen und US-Industrie. Die IG Metall warnte vor japanischen Konzernen, die durch Lohndumping und Imitationsprodukte die Zukunftsindustrien beherrschen und uns ihre 60-Stunden-Woche aufdrücken. Heute ist China mit viel mehr Berechtigung die neue Herausforderung, auch wenn das politische Berlin dies nicht wahrhaben will.

Japan dagegen ist eine reife, überalterte Volkswirtschaft geworden, die mit Staatsschulden von 230 Prozent seiner Wirtschaftsleistung viele der Probleme der EU-Länder teilt. Exportgefahren gehen von Tokio nicht mehr aus. Das Partnerschaftsabkommen Japan-EU (Jefta) hilft vor allem Nahrungs- und Genußmittelherstellern sowie Anbietern von medizinischen Geräten und Arzneimitteln. Japanische Zölle auf Wein, Sekt, Schweinefleisch und etliche Käsesorten sollen aufgehoben werden – ein Ausgleich für die unterbrochenen Lieferungen nach Rußland. Stufenweise soll dies auch bei Süßwaren und anderen Nahrungsmitteln folgen. EU-Testate bei Pkws und Kosmetika werden anerkannt und müssen nicht aufwendig wiederholt werden. Das hilft den Dieselgate-gebeutelten und von Trumpschen Drohungen verunsicherten Premiummarken Daimler, BMW und Audi, deren Produkte sich in Japan gut verkaufen.

Das öffentliche Beschaffungswesen und der japanische Eisenbahnmarkt werden erstmals geöffnet. Im Gegenzug schafft die EU schrittweise den Importzoll von zehn Prozent für japanische Autos ab. Doch die meisten hier verkauften „Japaner“ stammen aus England (Toyota, Honda, Nissan), Ungarn (Suzuki) und Frankreich (Toyota), ihre Getriebe und Motoren werden in Niederschlesien gefertigt. Die Mehrzahl der Elektronikprodukte ist – wie bei Apple oder Philips – ohnehin längst „Made in China“.