© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 31-32/17 / 28. Juli / 04. August 2017

Zwischen Neutralität und Abhängigkeit
Googles News Lab: Über seine Journalismusförderung steigert das US-Unternehmen seinen Einfluß auf einzelne Medien
Christian Schreiber

Mit seiner Innovationsoffensive „Google News Labs“ agiert der Internetriese seit einigen Monaten verstärkt auf dem europäischen Markt und lockt Kooperationspartner mit üppigen Fördertöpfen. Auch deutsche Chefredakteure und Verlagsmanager flogen Ende vergangenen Jahres zum Branchentreffen „Newsgeist“ in die USA. „Google veranstaltet und fördert Branchentalks, pumpt über einen eigens eingerichteten Fonds für Innovationsprojekte europaweit 150 Millionen Euro in die teils notleidende Szene und spendiert Stipendien für sogenannte Datenjournalisten“, bilanzierte die taz und legte damit den Finger in die Wunde. 

Stelleneinsparungen und Nullrunden geistern vor allem durch die europäische Printszene. Die Umstellung auf gewinnträchtige Onlineformate ist vielen Verlagen schwergefallen und so nimmt man die technischen und finanziellen Hilfen gern an. „Daten sind das Gold des 21. Jahrhunderts, heißt es. Aber was nutzt das Gold, wenn es keiner schürft“, schreibt der Berliner Tagesspiegel in bemerkenswerter Offenheit. Im Rahmen des „Google News Lab“ hätten interessierte junge Datenjournalisten und Webdesigner „nun die Möglichkeit, sich für ein Stipendium bei uns zu bewerben“. Es bestehe die Möglichkeit, in einem mehrwöchigen Programm einige innovative Formate unter anderem zur Bundestagswahl mit zu verwirklichen. 

In den Genuß der Google-Zuwendungen kommen bisher Dutzende deutsche Medienhäuser, darunter der Spiegel, die FAZ, Lokalzeitungen, aber auch die taz. Neben dem „Nachrichtenlabor“ baut das Unternehmen mittlerweile auch ein „University Network“ auf und hat dafür mit Journalistenschulen und Hochschulen Kooperationen abgeschlossen. Mit dabei sind die Hamburg Media School, die Journalistik-Fachbereiche der Universitäten Eichstätt-Ingolstadt und Dortmund, die Deutsche Journalistenschule sowie der Deutsche Journalistenverband.

Sparsam ist der US-Krösus nicht. Aus seinem Innovationsfonds der „Digital News Initiative“ flossen allein Ende 2016 rund 24 Millionen Euro an 124 Projekte aus ganz Europa. 22 der geförderten Projekte stammen aus Deutschland. Zu den Empfängern gehörten das Recherchezentrum Correctiv, die Rheinische Post, Spiegel Online sowie abermals der Tagesspiegel. 

Google ist dabei eine gigantische Datensammelmaschine. Mit den angebotenen Redaktions-„Werkzeugen“ sollen Journalisten die Berichterstattung innovativer gestalten, aber auch weltweit Daten austauschen können. Kritiker bemängeln, mit dieser Datenkonzentration übernehme die Firma die Funktion eines „Gatekeepers“. Die Politik findet daran keinen Anstoß, im Gegenteil. Als Googles „Zukunftswerkstatt“ vor einigen Monaten ist Stuttgart Station machte,  war der stellvertretende Ministerpräsident und Minister für Inneres, Digitalisierung und Migration, Thomas Strobl, voll des Lobes. Googles Schulinitiative sei ein „hervorragendes Beispiel für eine enge Vernetzung mit Experten aus der digitalen Welt“. Daß Google für Zensurmaßnahmen in seinen Suchmaschinen sowie für eine zähe Umsetzung des „Rechts auf Vergessen“ bekannt ist, erwähnte Strobl nicht. Google bietet zudem auf seinen News-Seiten in Deutschland „Faktenchecks“ an. Dabei werden Anwender bei bestimmten Themen auf Hintergrundartikel hingewiesen.

Entscheidet am Ende ein Unternehmen über das, was weltweit an die Öffentlichkeit dringt? „Nein“, beeilen sich Profiteure wie die FAZ oder Correctiv zu versichern. Googles Angebot ergänze lediglich „die Eigenrecherche“.