© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 33/17 / 11. August 2017

Die Verwandlung der Erde in einen Apartheidsplaneten
Im Sinne des reichsten einen Prozents: Wie die Wunderjahre der Globalisierung in der Massenmigration enden
Wolfgang Müller

Anders als das Führungspersonal der Berliner Republik haben Birgit Mahnkopf und Elmar Altvater sich nie Illusionen über die dem Wahlvolk als Verheißung von Wohlstand und Glück verkaufte „Globalisierung“ hingegeben. Das Traumpaar deutscher Globalisierungskritik kann vielmehr seine düstersten Prognosen bestätigt finden. Nichts von dem, was sie in ihrem in sieben Auflagen verbreiteten Klassiker über die „Grenzen der Globalisierung“ (1996) über die Expansion neoliberaler Billiglohnökonomie vorhersagten, ist ausgeblieben. Wie erwartet hat die kapitalistische Expansion die sozioökonomische Unsicherheit im letzten Winkel der Erde „globalisiert“.

Die sich 1996 für Mahnkopf und Altvater schon prägnant abzeichnende „Chaos-Welt von Freihandel und Deregulierung“ ist daher für die beiden Berliner Politologen in „Euroamerika“ heute schlicht Realität (Blätter für deutsche und internationale Politik, 5/2017). Für jedermann sichtbar zeige sie sich in der Massenmigration aus Afrika und Vorderasien nach Europa. 

Es herrscht regulatorische Vereinheitlichung der Welt 

Ohne Phänomene wie Bevölkerungsexplosion und Elitenversagen im globalen Süden zu thematisieren, argumentieren die beiden „parteiunabhängigen Linken“ jedoch verblüffend monokausal, da sie „Arbeitsmigration, Fluchtmigration und Familienzusammenführung“ ausschließlich als Folgen der „Globalisierung des einen Prozent“ begreifen, jener wenigen Superreichen, deren Vermögen größer ist als das von 3,6 Milliarden Armen, der Hälfte der Erdenbürger auf den fünf Kontinenten. 

Unter der Führung der Wallstreet-Oligarchie, von Notenbank, Börsenaufsicht, Exportkontrollbehörde und „Mammut-Rechtskanzleien“, die die „regulatorische Vereinheitlichung der Welt“ vorantreiben, hätten internationale Konzerne zwischen 1989 und 2008, in der Ära „neoliberaler Siegesgewißheit“, die Natur- und Sozialzusammenhänge des globalen Südens brutal zerstört, profitgierig den Kollaps der Ökosysteme vor allem in Südostasien und Subsahara-Afrika verursacht, Millionen Menschen entwurzelt und somit jene „globalen Fluchtbewegungen“ ausgelöst, die sich jetzt Richtung Europa in Marsch setzten. 

Für die Plutokratien „Euroamerikas“  sollen diese Migrationsströme nicht vorübergehender Natur sein. Sie werden daher systembedingt bleiben, um Angebot und Nachfrage auf den globalisierten Arbeitsmärkten auszugleichen. Dafür würden auch die teils offiziellen, teils kriminellen Netzwerke der „labor market intermediaries“ sorgen, jener „Institutionen, Agenten und Geschäftemacher eines im globalen Raum mit regionaler Spezialisierung operierenden transnationalen Migrationsmarktes, der dafür sorgt, daß der Globalisierung des einen Prozent die Entwurzelten nicht ausgehen“. Kurioserweise unterstützen diese Aktion nützliche Idioten der NGO-„Flüchtlingsretter“ und der mediterrane Fährdienst der Deutschen Marine.    

Trotzdem stoße der „wilde Plünderungskapitalismus“ der Wall Street nun an Grenzen. Auf dem neoliberalen „Apartheidsplaneten“, der vier Fünftel seiner Bewohner ein menschenwürdiges Dasein verweigere, erschöpfen sich die Rohstoffquellen des Wachstums. Die „Ungleichheit läuft aus dem Ruder“. Die Masseneinwanderungen offenbarten den „Zerfall von Ordnung“. Die Reaktion darauf, das Aufkommen „populistischer“, einwanderungsfeindlicher Bewegungen, ist für Mahnkopf und Altvater freilich inakzeptabel „nationalistisch und rassistisch“. Sie vertrauen stattdessen lieber auf einen Deus ex machina, der „endlich die Produktions- und Lebensweise mit den natürlichen Lebensgrundlagen unseres Planeten in Einklang“ bringen möge.