© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 35/17 / 25. August 2017

Lesereinspruch

Aufbruch ohne Geld

Zu: „Gesicht zeigen“ von Peter Möller (JF 33/17)

Am wenigsten trägt der Architekt und Architekturkritiker Adolf Loos Schuld an der Zerstörung der Berliner Gründerzeitfassaden nach dem Kriege. Nach 1945 gab es kaum Fassaden, die keine Bombenschäden zeigten. Geld zur Renovierung war bei den Hausbesitzern nicht vorhanden. Fördermittel gab das Bezirksamt Berlin nur zur Sanierung glatter Hausfassaden – daher die vielen kahlen Fassaden in Berlin. Das wirkte damals sogar modern, ein gewisser Aufbruch nach dem Kriege in eine neue Zeit. Es war aber schlecht für die Wärmedämmung der Außenwände und für die erhaltenswerten Altbaufenster, die durch die fehlende Stukkatur weniger wettergeschützt waren. Ermuntert zum Putzabschlagen wurden die Hausbesitzer durch die Handwerksfirmen, die keine ausgebildeten Stukkateure hatten. Noch schwieriger ist es heute bei der Wiederherstellung von Altbau-Balkons. Zudem: Wenn wirklich einer auf die Idee kommen sollte, für eine restaurierte Fassade mehr Geld zu verlangen, sollte er das am besten keinem Mieter sagen. Fassadenarbeiten sind Reparaturen und nicht auf die Miete umlegbar.

Siegfried Adamik, Berlin