© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 35/17 / 25. August 2017

Vertreibung aus dem Paradies
Finnland: Marokkanischer Asylbewerber ersticht 15jährige und Rentnerin / Zuwanderung von Muslimen wird zum Problem
Josef Hämmerling

Turku hat eine bewegte Stadtgeschichte. 1154 unter König Erik IX. unter schwedische Herrschaft gekommen, brannten 1318 die Russen die auf schwedisch Åbo genannte Handels- und Bischoftsstadt nieder. 1809 ans Russische Reich abgetreten, befreiten deutsche Truppen 1918 die Stadt aus den Händen der Roten Garden. Nach dem Zweiten Weltkrieg begann eine jahrzehntelange Blütezeit. Krieg und Krisen schienen weit weg – bis vergangenen Freitag, da hat es den ersten islamischen Terroranschlag in Finnland gegeben.

Ein 18jähriger Marokkaner erstach ein 15jähriges Mädchen und eine 67jährige Rentnerin. Acht weitere Personen wurden schwer verletzt, darunter eine Italienerin, die mit ihrem Baby im Kinderwagen unterwegs war. Dem als Abderrahman Mechkah registrierten muslimischen Terroristen wurde kurz nach seinem Angriff von der Polizei ins Bein geschossen, er wurde ins Krankenhaus gebracht. Im Laufe der Ermittlungen wurden vier weitere marokkanische Asylanten festgenommen, ein fünfter Marokkaner wird per internationalem Haftbefehl gesucht und soll sich mittlerweile außerhalb Finnlands befinden.

Der Messerstecher war im Alter von 16 Jahren nach Finnland eingereist. Von Ende 2015 bis Anfang 2016 lebte Mechkah in Deutschland. Er habe keinen Asylantrag gestellt, sei aber erkennungsdienstlich behandelt worden, teilte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums mit. Sein finnischer Asylantrag war abgelehnt worden. Keiner der sechs Verdächtigen war überwacht worden. Es habe keinerlei Hinweise auf eine Gefährdung durch die Muslime gegeben.

Früher „eines der sichersten Länder der Erde“

Augenzeugenberichten zufolge hat der Marokkaner ohne jede Vorwarnung auf seine Zufallsopfer eingestochen. Als Hassan Zubier, ein Tourist und in Schweden lebender britischer Rettungssanitäter, den Opfern helfen wollte, stach Mechkah auch auf ihn ein und wandte sich dann den anderen Opfern zu. Ob es Verbindungen zu den islamistischen Terroranschlägen in Katalonien oder zum IS gibt, stand bei Radaktionsschluß noch nicht fest. Der Täter verweigert bislang jede Aussage.

Die Attacke erinnert fatal an den Anschlag am 14. Juli in der ägyptischen Touristenhochburg Hurghada am Roten Meer, als ein 28jähriger Islamist zwei Urlauberinnen aus Niedersachsen am Strand mit einem Messer massakrierte sowie zwei Amerikanerinnen und zwei Tschechinnen schwer verletzte. „Wir hatten es schon befürchtet: Wir sind keine Insel mehr“, kommentierte Ministerpräsident Juha Sipilä das Geschehen. Finnland sei aber immer noch „eines der sichersten Länder der Erde“. Per Twitter rief der liberale Politiker seine Landsleute zu Ruhe und Besonnenheit auf. „Wir müssen nun geeint stehen und nicht auf Haß mit Haß reagieren.“

Finnland ist nicht erst seit 2015 eines der beliebtesten Einwanderungsländer für Muslime. Grund hierfür waren Berichte über die schnelle Bewilligung von Asylanträgen, hohe staatliche Transferzahlungen sowie gute Beschäftigungsmöglichkeiten. 2015 stellten insgesamt 11.900 Iraker einen Asylantrag, 2014 waren es nur 790 gewesen. Nur in Deutschland gab es mehr Asylanträge von Personen aus dem Irak.

Ministerpräsident Sipilä hatte 2015 sogar seinen Zweitwohnsitz zeitweise für die Unterbringung von Asylbewerbern zur Verfügung gestellt – während finnische Rechtsnationale schon „Stoppt die islamische Invasion“ auf Demonstrationen forderten. Besonders die Stadt Tornio (Torneå) in Lappland mit 22.000 Einwohnern (Finnen, Schweden, Lappen/Samen) gilt als „Hotspot“: Dort sollen zusätzlich mehr als 15.000 Personen aus islamischen Ländern leben. Aufgrund der zunehmenden Belastungen für die nur 5,5 Millionen europäischen Einwohner Finnlands wurden Mitte 2016 die Asylgesetze Finnlands verschärft. Irak, Afghanistan und Somalia gelten seitdem als sichere Herkunftsländer. Das humanitäre Bleiberecht wurde bis auf weiteres ausgesetzt. Zwar wurde so die Zahl der Asylsuchenden reduziert – die Probleme mit den Verbliebenen Zuwanderern werden aber bleiben.