© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 35/17 / 25. August 2017

Antreten vor einer Wahrheitskommission
Diskriminierung: In Brasilien muß sich eine schwarze Anwältin rechtfertigen, weil sie nicht schwarz genug ist
Richard Stoltz

Nicht schwarz genug! So lautet das jüngste Mantra im unermüdlichen Kampf um Chancengleichheit im Berufsleben und gegen Rassismus und Diskriminierung. Jüngstes Opfer des allgemeinen Eifers ist eine junge und, wie es heißt, sehr begabte und tüchtige Anwältin namens Maíra Mutti Araújo aus Brasilien, deren Fall kürzlich durch die Medien ging.

Frau Araújo hatte sich in Brasilia, wo die Planstellen des öffentlichen Dienstes – wie man erfuhr – nach Quoten für Weiße, Schwarze und Mischlinge vergeben werden, um einen Posten in der Justiz beworben und war als Schwarze eingestuft und angestellt worden. Aber nach einiger Zeit meldeten sich Wächter der Quotenregelung zu Wort und erklärten, Frau Araújo sei nicht schwarz genug. Sie hätte allenfalls als Mischling eingestellt werden dürfen. 

Die Affäre sorgte für Aufsehen. Frau Araújo, hieß es in einigen Kommentaren, habe sich ihre Schwärze bei den Vorstellungsgesprächen „geschickt angeschminkt“.  Andere wandten ein, es gehe hier doch nicht bloß um Hautfarbe, „genauere, seriösere“ Merkmalfeststellungen müßten her. Fragt sich nur, welche. Hier könne man also studieren, schrieb einer, wie „wohlmeinender Antirassismus“ in puren Rassismus umschlüge.

Die Anwältin mußte tatsächlich vor einer „Verifizierungskommission“ erscheinen, wo man sie fragte, ob sie „schwarze Idole“ habe oder mit einem echten Schwarzen zusammenlebe.

Inzwischen hat das brasilianische Ministerium des öffentlichen Dienstes zur „verstärkten Bekämpfung des Rassenbetrugs“ aufgerufen: Direktiven an alle Regierungsstellen sollen ausgegeben werden, die selbstverständlich „gleichmäßig nach Geschlecht, Herkunft und Rasse besetzt sein müssen“. Auf den Gedanken, den Quotenwahnsinn endlich zu beenden und Bewerber für den öffentlichen Dienst schlicht nach fachlicher Eignung einzustellen, ist freilich noch niemand gekommen.