© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 36/17 / 01. September 2017

CD-Kritik: Nargaroth – Era of Threnody
Roher Engelsklang
Lukas Steinwandter

Sechs lange Jahre mußten Anhänger Nargaroths auf ein neues Studioalbum warten, und dann das: Ausgerechnet der letzte Tourstopp in Deutschland, dem Ursprungsland des Ein-Mann-Projekts, fiel aus. Linksextreme drohten den Organisatoren und forderten sie auf, die Black-Metal-Band auszuladen. „Der Veranstalter ist eingeknickt“, konstatierte der Kopf der Gruppe, René „Ash“ Wagner, im Szeneportal Undergrounded anschließend nüchtern. Hintergrund sind mehr als 15 Jahre alte Rechtsextremismusvorwürfe, die immer wieder hochflammen, wenn der Musiker in Europa auftritt.

Ash lebt mittlerweile zurückgezogen in den Bergen Nordamerikas und versucht, sich von der europäischen Szene vollständig abzukapseln. So handelt das neue Album „Era of Threnody“ fast ausschließlich von persönlichen Erlebnissen und ihrer Verarbeitung (Whither Goest Thou). Treu bleibt sich Nargaroth auch musikalisch, indem es sich untreu bleibt. Das jüngste Machwerk mit zehn Titeln ist mit keinem bisher veröffentlichten vergleichbar. Vielleicht liegt das auch an dem neuen Studio-Gitarristen Bernth, der mit mal harten mal sirenenhohen Klängen den rohen Gesang Ashs wie eine Zweitstimme begleitet. Oder an den engelsgleichen Chören, die in ruhigen Passagen einsetzen (Conjunction Underneath the Alpha Wheel). Das lange Warten hat sich gelohnt – auch für diejenigen, die Nargaroth bislang mieden.

Nargaroth Era of Threnody Inter Arma Productions, 2017 www.nargaroth.de