© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 37/17 / 08. September 2017

Private kämpfen ums Überleben
Berlin: Dieter Hallervordens Schloßpark-Theater stellt neues Programm vor
Harald Melzer

Dieter Hallervorden wirkt ein wenig trotzig, wie er im dunkelblauen Anzug vor die Pressevertreter im Pausensaal tritt. Es sieht nicht gut aus für private Theater, wie es sein Schloßpark-Theater in Berlin-Steglitz ist. 2009 hat Hallervorden das Traditionstheater übernommen. Er wollte es ohne staatliche Zuschüsse schaffen. Zeigen, daß es anders geht. Heute ist er auch auf staatliche Unterstützung angewiesen. Dabei kommen rund 100.000 Besucher pro Saison in das Theater, in dem schon Schauspiellegenden wie Martin Held, Hilde Knef oder Peter Ustinov auf den Brettern standen.

In der kommenden Theatersaison 2017/18 kann Hallervorden nun mit weiterer Prominenz aufwarten, angefangen von Anouschka Renzi über Wolfgang Bahro, besser bekannt als Jo Gerner aus der Seifenoper „Gute Zeiten – Schlechte Zeiten“, bis zu Brigitte Grothum („Drei Damen vom Grill“), zeitweilig Intendantin der Berliner Jedermann-Festspiele. Bahro spielt in dem Stück „Ein gewisser Charles Spencer Chaplin“ die Hauptrolle als Charlie Chaplin, Brigitte Grothum verkörpert dessen Mutter. Das Stück stammt aus Paris und wurde von Hallervorden selbst übersetzt. Er bekennt, ohne einen Prominenten auf der Bühne ist der Zuschauerraum nur halbvoll. „Das Stück kann toll sein, die Kollegen spielen hervorragend. Wenn kein Prominenter auf der Bühne steht, kommen die Menschen nicht“, merkt er ein wenig frustriert an. „Man steht immer in Konkurrenz zur Glotze.“

Eine Sichtweise, die auch auf den Hamburger Theatertagen geteilt wird. So wurde der ehemalige Intendant des Ohnesorg-Theaters Christian Seeler vom Hamburger Abendblatt mit folgender Anekdote zitiert: „Thalia-Intendant Joachim Lux erzählt mir immer stolz, daß er 25 Prozent seines Etats eingespielt hat. Mit so einem Ergebnis wären wir Privattheater pleite.“ Eine Problematik, die auch dem Schloßpark-Theater nicht fremd ist.

Aber Hallervorden und seine Kollegen haben Kampfgeist. Der 81jährige ging nach der Berliner Abgeordnetenhauswahl vor einem Jahr politische Türklinken putzen. Ergebnis: Aus dem Kulturetat erhält er 300.000 Euro. Zum Vergleich: Die Kudammbühnen bekommen 800.000 Euro, das Renaissance-Theater 2,1 Millionen Euro.

In anderen Städten gibt es noch weniger für privat betriebene Theater. So beträgt in München die maximale Förderung 150.000 Euro. In Hamburg müssen sich 22 Privattheater rund 2,6 Millionen Euro teilen. Das sind im Schnitt knapp 120.000 Euro pro Haus, und auch die gibt es nur, wenn die Auslastung bei 50 Prozent liegt.

Auf die Frage einer Journalistin nach Unterstützung aus der Wirtschaft, antwortet Hallervorden: „Man trifft sich gerne mit mir, schießt ein Selfie, aber über Geld spricht man nicht. Hallervorden und seine Mannschaft hoffen jetzt auf weitere Mittel aus der Lottostiftung. Ob und wieviel Geld fließt, entscheidet sich aber erst im Januar. Bis dahin steht Dieter Hallervorden wieder selbst in der Haftung. Nach der „Betteltour“ in der Politik muß er jetzt wieder die Defizite aus der Privatschatulle begleichen. Ob das Theater weiter mietfrei bespielt werden kann, ist auch noch unklar.

Dieter Hallervorden denkt positiv und hat ein abwechslungsreiches Programm zusammengestellt: von Anouschka Renzi als Kameliendame (Premiere ist am 10. September) über Lesungen von Thomas Quasthoff bis zur Comedia dell’Arte „Mosca und Volpone“, bei der er selbst auf der Bühne steht. Ein besonderer Coup ist dem Schloßpark-Theater mit dem Brecht-Stück „Die Kleinbürger-Hochzeit“ gelungen. Das Schauspiel lief 17 Jahre in der Inszenierung von Philip Tiedemann am Berliner Ensemble. Hallervorden überzeugte Claus Peymann, das Stück nicht in der Versenkung verschwinden zu lassen. Vielleicht gelingt es Carmen-Maja Antoni, eine neue Zielgruppe für das Schloßpark-Theater zu erschließen.

Kontakt: Schloßpark-Theater, Schloßstraße 48, 12165 Berlin, Tel.: 030 / 789 56 67 - 0

 http://schlosspark-theater.de