© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 37/17 / 08. September 2017

Abschied von der Guillotine
1977: Die letzte exekutierte Todesstrafe in Frankreich
Thomas Schäfer

Hamida Djandoubi war das, was man heute einen „nord-afrikanischen Intensivtäter“ nennen würde. Der 1949 geborene Tunesier übersiedelte 1968 nach Marseille, wo ihm 1971 wegen eines Arbeitsunfalls das rechte Bein amputiert werden mußte. Anschließend betätigte sich der Versehrte als Zuhälter. Dabei nötigte Djandoubi auch zwei minderjährige Mädchen zur Prostitution und vergewaltigte eines davon. Dann versuchte er 1973, seine französische Geliebte Elisabeth Bousquet auf den Strich zu schicken, woraufhin diese ihn anzeigte. Allerdings blieb der Tunesier nicht allzu lange in Untersuchungshaft. Anschließend entführte er Bousquet, folterte sie mit Zigarettenglut und erwürgte die 21jährige schließlich am 5. Juli 1974. Dem schloß sich einige Wochen später die Verschleppung eines weiteren Mädchens an, das jedoch entkommen konnte. Allerdings konnte dabei der Mörder dingfest gemacht werden.

Angesichts der Grausamkeit der Tat sowie der kriminellen Energie Djandoubis verurteilte ihn das zuständige Geschworenengericht in Aix-en-Provence am 25. Februar 1977 zum Tode. Wenig später lehnte auch das Kassationsgericht in Paris den Revisionsantrag des Tunesiers ab, womit nun die letzte Entscheidung beim damaligen französischen Staatspräsidenten Valéry Giscard d’Estaing lag. Und der sah keinerlei Grund für eine Verschonung des Delinquenten – genausowenig wie kurz zuvor im Falle der inzwischen bereits exekutierten Kindermörder Christian Ranucci und Jérôme Carrein.

Nur wenige Stunden nach der Ablehnung des Gnadengesuchs mußte Djandoubi am frühen Morgen des 10. September 1977, also zwölf Tage vor seinem 28. Geburtstag, im Marseiller Gefängnis Les Baumettes den Weg zum Schafott antreten – und zwar als weltweit letzter Mensch, der auf einer Guillotine hingerichtet wurde. Danach sprachen französische Gerichte zwar noch weitere 17 Todesurteile aus, die jedoch bis zur Abschaffung der Todesstrafe durch den neuen Präsidenten François Mitterrand im Oktober 1981 nicht mehr zur Vollstreckung kamen.

Hiermit endete die Geschichte der „Fallschwertmaschine“, welche einst während der Französischen Revolution begonnen hatte, nach 185 Jahren. Dabei ist bis heute nicht geklärt, wie viele Menschen genau unter der Guillotine starben. Jedenfalls erwies sich das Gerät als Exportschlager und kam unter anderem in Ländern wie der Schweiz, Österreich oder Deutschland zum Einsatz. In der DDR endete dieser übrigens erst 1968, als man nach sowjetischem Vorbild zur Hinrichtung per Kopfschuß überging.