© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 38/17 / 15. September 2017

Ländersache: Brandenburg
Verdacht im Schloß
Peter Möller

Der Brandenburger Landtag hält sich viel darauf zugute, auch in Zeiten des internationalen Terrorismus ein offenes Haus zu sein. Wer immer den schmucken Neubau in der barocken Gestalt des Potsdamer Stadtschlosses betreten möchte, wird in der Regel ohne Kontrolle eingelassen. Daher sind vermutlich auch die Beamten von Staatsanwaltschaft und Landeskriminalamt nicht weiter aufgefallen, als sie Ende August das Gebäude mit einem Durchsuchungsbeschluß in der Tasche betraten. Ihr Ziel waren die Räume des Vizepräsidenten des Landesparlamentes, Dieter Dombrowski (CDU). Dort machten sie sich auf die Suche nach Unterlagen und Daten im Zusammenhang mit Abrechnungen des Stellvertreters von Landtagspräsidentin Britta Stark (SPD). Erst eine Woche später machten die Potsdamer Neuesten Nachrichten den unerhörten Vorgang publik, der seitdem für wachsende Aufregung und Verwunderung in Potsdam sorgt. Denn mittlerweile ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Dombrowski wegen des Verdachts des Betruges. Das ist möglich, weil die Landtagsabgeordneten in Brandenburg nicht wie in anderen Parlamenten automatisch Immunität genießen. Sie kann erst auf Antrag durch den Landtag hergestellt werden.

Als wäre der Betrugsvorwurf und die polizeiliche Durchsuchungsaktion im Hohen Haus nicht schon ungewöhnlich genug, wurden immer weitere Details bekannt, die für Rätselraten in der brandenburgischen Landeshauptstadt sorgen. Denn die Ermittler waren Dombrowski nicht dank eines anonymen Hinweises auf die Spur gekommen, sondern durch die Parlamentschefin. Stark hatte ihre Verwaltung die Staatsanwaltschaft informieren lassen, ohne zuvor das Gespräch mit Dombrowski zu suchen. Und auch die bisher bekanntgewordenen Vorwürfe sorgen für Stirnrunzeln. Dem Vernehmen nach geht es unter anderem um die Abrechnung von Fahrtkosten – ein heikler Punkt, der nicht nur in Brandenburg immer wieder Politiker ins Straucheln gebracht hat. Laut einer persönlichen Erklärung Dombrowskis geht es in seinem Fall um Fahrscheine im Wert von 259 Euro für eine Autofähre, die der im Havelland wohnende Politiker auf dem Weg in den Landtag nutzen muß. Das Kuriose: Dem Steuerzahler ist überhaupt kein Schaden entstanden, weil Dombrowski strittige Erstattungen zurückgezahlt beziehungsweise gar nicht erst erhalten hat.

Also viel Lärm um nichts? Oder gar, wie in der CDU vermutet wird, ein gezieltes Wahlkampfmanöver der SPD unmittelbar vor der Bundestagswahl? Immerhin ist Dombrowski einer der profiliertesten CDU-Politiker in Brandenburg. Bevor er im September 2014 zum Parlamentsvize aufstieg, war er zwei Jahre Fraktionschef. Es gibt aber auch eine andere Möglichkeit. So kursieren in Potsdam Gerüchte, es gebe möglicherweise auch Unregelmäßigkeiten mit der Abrechnung einer von Dombrowski genutzten Wohnung in Potsdam. Dabei könnte es dann schnell um einige tausend Euro gehen. Dann stünde die politische Karriere des Christdemokraten tatsächlich auf dem Spiel.

Landtagspräsidentin Britta Stark, die ihren Vize quasi ans Messer geliefert hat, gibt sich ungerührt. „Ich habe zu dem Vizepräsidenten persönlich ein gutes Verhältnis. Ich bin überzeugt, daß wir auch weiterhin gut zusammenarbeiten werden.“ Dieter Dombrowski sieht das sicherlich etwas anders.