© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 38/17 / 15. September 2017

Junge Zielgruppen im Visier
Neue Kanäle: Medien weltweit setzen zunehmend auf WhatsApp, Snapchat oder den Facebook-Messenger
Christian Schreiber

Im Internet beflügeln soziale Netzwerke die Zugriffe der Nachrichtenportale. Doch die Strategen in den Verlagshäusern denken bereits weiter und glauben, die folgenden jungen Zielgruppen via WhatsApp, Facebook Messenger, Instagram oder Snapchat binden zu können. 

Mathias Döpfner, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger, sieht darin ein Zukunftsmodell für seine Branche. Der Vorstandsvorsitzende der Axel-Springer-Konzerns hofft auf einen Wettstreit, um unabhängiger von Facebook zu werden und setzt auf das amerikanische Netzwerk Snapchat. Hier tauschen Nutzer Fotos und kurze Videos aus, die in der Regel nach 24 Stunden nicht mehr abrufbar sind. Weltweit hat die Plattform 150 Millionen Nutzer täglich. In Deutschland sollen es 2,5 Millionen sein. Neben der Bild nutzt auch Spiegel Online bereits die Snapchat-Funktion „Discover“.

Die Nachrichtenwelt werde kurzlebiger und schneller, von daher müsse nicht mehr jede Info tagelang online sein, hebt Döpfner hervor. Immer mehr Medienhäuser verstehen sich dabei als Zulieferer. Der Leser muß nicht mehr aktiv auf die Suche nach einem Medium gehen, sondern er kann gewünschte Inhalte abonnieren, und er kann mit der Redaktion in Austausch treten. Die Berliner Zeitung bietet beispielsweise die Möglichkeit, daß ihre Nutzer im Nachrichtendienst WhatsApp nicht nur Inhalte abonnieren, sondern auch eigene Bilder und Ideen einsenden können. So soll eine neue Form der „Leserbindung“ entstehen. 

Selbst die Washington Post verstärkt ihre Aktivitäten in Deutschland. Eigens zur Bundestagswahl hat die Zeitung einen Reporter nach Berlin geschickt. Er versorgt Nutzer per WhatsApp, Facebook-Messenger und Telegram – in deutscher und englischer Sprache. Denn ein Problem haben alle Zeitungsverlage rund um den Globus. Ihre Kernleserschaft ist relativ alt. In Deutschland beträgt das Durchschnittsalter eines Printlesers etwa 58 Jahre. Die Altersgruppen der verschiedenen Online-Dienste schwanken dagegen. 

WhatsApp erreicht alle von jung bis alt, Twitter-Nutzer liegen durchschnittlich zwischen Mitte und Ende Dreißig und Facebook ist zwar mit Mitte Dreißig etwas jünger, kann aber nur noch wenige Nutzer unter 18 erreichen. Die Strategen beim Weltmarktführer versuchen daher ihren Messenger als Nachrichtendienst der Zukunft anzupreisen. Die jüngsten Nutzer werden allerdings von Instagram und Snapchat angesprochen. Bei Instagram ist die Hauptgruppe 25 bis 35 Jahre alt und die zweitgrößte Gruppe 18 bis 24. Snapchat zieht vor allem 13 bis 25 Jahre alte Smartphone-Besitzer an. Kein Wunder, daß Verleger-Chef Döpfner dieses Medium hervorhebt: „Wer einmal junge Leute für sich interessiert hat, bleibt im Gedächtnis haften.“