© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 38/17 / 15. September 2017

Männer fürs Trübe
Vor siebzig Jahren gründete US-Präsident Truman den US-Geheimdienst CIA
Thomas Schäfer

Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs verfügten die USA über keinen zentralisierten Geheimdienst. Der entstand erst unter dem Druck der nachfolgenden Ereignisse sowie auf maßgebliche Initiative von William „Wild Bill“ Donovan, einem Juristen, der später beim Militär reüssierte. Dieser enge Vertraute von Franklin D. Roosevelt fungierte ab dem 11. Juli 1941 zunächst als Chef des Office of the Coordinator of Information (COI), welches im Auftrag des Präsidenten für die nachrichtendienstliche Informationsbeschaffung und Aktionen rund um die nationale Sicherheit zuständig sein sollte.

US-Militär wollte Kontrolle über Geheimdienst behalten

Nach dem Angriff auf Pearl Harbor wuchs die Mitarbeiterzahl der Behörde sehr schnell von 92 auf 1.630, was sowohl das Außenministerium als auch das FBI und die verschiedenen US-Militärgeheimdienste beunruhigte, weil hier eine mächtige Konkurrenz zu erwachsen schien. Darauf reagierte Roosevelt mit der Auflösung der Dienststelle des COI – um diese anschließend zum 13. Juni 1942 als Office of Strategic Services (OSS) zu reorganisieren. Gleichzeitig unterstellte er den Dienst nun aber den Joint Chiefs of Staff, also den Vereinigten Stabschefs der drei Teilstreitkräfte.

Das OSS befaßte sich mit der operativen Beschaffung von Informationen und betrieb psychologische Kriegführung, darüber hinaus unterstützte es Guerilla-Kämpfer, welche die Gegner der USA bekämpften, und führte selbst auch Sabotageaktionen hinter den feindlichen Linien durch. Die Agenten des OSS operierten dabei teilweise in extrem unzugänglichen Regionen wie Tibet, wo sie nach Ausweichrouten für die von den Japanern unterbrochene Birma-Straße suchten, über die der Verbündete Chiang Kai-shek versorgt worden war.

Nach der Kapitulation Tokios stand der neue US-Präsident Harry S. Truman vor der Wahl, ob er das OSS auflösen oder mit Blick auf die neuen Herausforderungen durch den sich anbahnenden Kalten Krieg umgestalten sollte. Während dieses Entscheidungsbildungsprozesses entfaltete die Einschätzung von Colonel Richard Park, das OSS sei „die teuerste und am meisten verschwenderische Militärbehörde“, zunehmend Wirkung: Letztlich löste der frühere Militärberater von Roosevelt hierdurch eine regelrechte Hetzkampagne gegen Donovan und das OSS aus, die besonders vom FBI-Chef J. Edgar Hoover befeuert wurde, der seine eigene Organisation zum Auslandsgeheimdienst machen wollte.

Allerdings biß er damit bei Truman auf Granit, weil der befürchtete, daß so ein amerikanisches Pendant zum deutschen Reichssicherheitshauptamt entstehen könne. Deshalb tat der Präsident am Ende zwei Dinge. Er verfügte die Auflösung des OSS zum 20. September 1945 und schuf im Anschluß daran den Posten eines Director of Central Intelligence (DCI), der wieder unmittelbar dem Weißen Haus unterstand und die Aufgabe hatte, sämtliche Meldungen der anderen US-Geheimdienste zusammenfassend aufzubereiten. Zur Erleichterung dieser Aufgabe bekam der zum DCI ernannte Admiral Sidney Souers im Januar 1946 einen kleinen Analysestab zugeordnet: die Central Intelligence Group (CIG).

Souers blieb jedoch nur wenige Monate im Amt, dann folgte ihm der äußerst ambitionierte Luftwaffengeneral Hoyt Vandenberg, der die CIG in kürzester Zeit in einen echten Geheimdienst verwandelte, welcher seine Informationen selbständig zusammentrug und dabei weltweit operierte. Parallel hierzu versuchte Truman, die Führung der einzelnen Teilstreitkräfte der USA in einem Verteidigungsministerium zusammenzufassen, was ihm schließlich mit der Verabschiedung des National Security Act vom 26. Juli 1947 auch gelang. 

Zugleich sah das richtungsweisende Gesetz noch die Schaffung von zwei weiteren zentralen sicherheitspolitischen Institutionen vor, nämlich dem Nationalen Sicherheitsrat (NSC) und der Central Intelligence Agency (CIA). Dieser neue Nachrichtendienst, dessen Gründung zum 18. September 1947 erfolgte, sollte die CIG ersetzen und stand anfangs unter der Leitung von Vizeadmiral Roscoe H. Hillenkoetter.

Da die Geheimdienste von Heer, Marine und Luftwaffe nach wie vor nicht bereit waren, Zuständigkeiten abzugeben, oblag der CIA erneut nur die Analyse und Aufbereitung der von der „Konkurrenz“ zusammengetragenen Informationen, womit praktisch ein Rückschritt gegenüber der CIG zur Zeit Vandenbergs eingetreten war. Allerdings enthielt der National Security Act auch eine Klausel, nach der die CIA „jene anderen geheimdienstlichen Aufgaben und Pflichten für die nationale Sicherheit“ übernehmen dürfe, „welche ihr der Präsident oder der nationale Sicherheitsrat von Zeit zu Zeit überträgt“.

CIA-Boß als „Außenminister für unfreundliche Staaten“

Diese Regelung wurde dann besonders von Allen Welsh Dulles, dem dritten Direktor der Agency nach Hillenkoetter und General Walter Bedell Smith, strapaziert. Der von Präsident Eisenhower protegierte OSS-Veteran und frühere Wirtschaftsanwalt sah sich als eine Art „Außenminister für unfreundliche Staaten“. Deshalb setzte er vorrangig auf verdeckte Operationen jenseits der US-Grenzen, die bald als Markenzeichen der CIA galten und immer wieder den Ruf des Geheimdienstes ramponierten, wenn sie aufflogen oder scheiterten. So beispielsweise im Falle der versuchten Landung von Anti-Castro-Kämpfern in der Schweinebucht 1961 auf Kuba.

Heute gehört die CIA zur United States Intelligence Community, in der 16 Geheim- und Sicherheitsdienste der USA versammelt sind. Ihre Hauptaufgabe besteht weiterhin in der Beschaffung von Informationen durch Menschen (Human Intelligence), was sie von der NSA unterscheidet, die mit technischen Mitteln arbeitet. Außerdem ist die CIA seit mehreren Jahren maßgeblich in den Drohnenkrieg gegen islamische Terroristen involviert.