© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 39/17 / 22. September 2017

Grüße aus Bern
Heute mal hyperaktiv
Frank Liebermann

Unter der Woche pendeln Massen von Menschen nach Bern. Dort gehen sie in den ortsansässigen Bundesbehörden, Verwaltungen und Unternehmen ihrem Tagwerk nach. Die Hotels sind vollgepfercht mit Unternehmensberatern. Wer in den guten Restaurants einen Tisch will, muß reservieren, und die Geschäfte sind voll. Ganz anders das Wochenende. Am Sonntag haben viele Restaurants zu, die Stadt schläft. Wer jetzt glaubt, es herrsche Ruhe, der täuscht sich. Der Berner ist immer aktiv, auch wenn er sonst ganz gemütlich wirkt! Vor allem am Wochenende!

Spätestens beim ersten Kaffee am Montag morgen geht es los. Dann erzählen die lieben Kollegen, was sie so alles an den vergangenen zwei Tagen angestellt haben. Am Samstag waren sie einkaufen, haben ein Gartenhaus gebaut und abends eine Vernissage von einem Nachwuchskünstler besucht. Am Sonntag gab es „lecker“ Brunch, dann wurde eine kleine Wanderung durch die nahen Berge absolviert, gefolgt von einem abendlichen Grillevent mit Nachbarn. 

Andere treiben es noch verrückter. Ein Kollege rannte 42 Kilometer beim Jungfrau Marathon den Berg hoch, der nächste absolvierte ein Fahrsicherheitstraining mit dem Motorrad, und noch ein anderer hat bei einem Umzug geholfen und anschließend mit seinen Kindern einen Krav-Maga-Kurs für unter 8jährige besucht. 

Ein Kollege half beim Umzug und ging dann mit seinen Kindern zum Krav-Maga-Kurs.

Was habe ich zu erzählen? Nun ja, ich habe auch eingekauft, mich dazu angezogen, schließlich muß ich mich zehn Meter aus dem Haus bewegen. Ansonsten habe ich stundenlang im Internet gesurft, total aufregende Artikel gelesen, einen ausgiebigen Mittagsschlaf gemacht und dann bis spät in die Nacht auf Netflix Serien geschaut. 

Am Sonntag ungefähr dasselbe, nur statt einkaufen mit einem Kumpel Kaffee trinken gewesen. Obwohl, am Samstag habe ich noch einen Döner gegessen. Den habe ich nicht bestellt, sondern selbst geholt und dabei mit dem Dönermann über Bayern München diskutiert, da es auch sein Lieblingsverein ist. 

Wie anders da meine Kollegen. Fleiß und Arbeit zählen auch am Wochenende. Die Faulheit ist definitiv tot. Calvin wäre stolz auf seine Berner! Auch sonst beginnen die Berner hektische Unarten aus anderen Regionen der Welt zu übernehmen. Stand früher jeder wie er will auf den Rolltreppen, hat die Bahn vor ein paar Monaten das Kommando „Rechts stehen – Links gehen“ eingeführt. Im gemütlichen Bern eine Neuheit.