© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 39/17 / 22. September 2017

Der Hauptstadtflughafen BER ist eine teure Investruine
Berlin braucht nicht nur Tegel
Thomas Fasbender

Margaret Thatcher war zwei Jahre im Amt, als 1981 der Plan für den London City Airport (LCY ) entstand, einen Flughafen nur elf Kilometer östlich des Bankenzentrums. Damals stand die Wiedergeburt der Hauptstadt als Finanzmetropole noch in den Sternen, der LCY war dennoch 1987 fertig. Auch der Berliner Flughafen Tegel, ein Erbe der preußischen Luftschiffer, liegt elf Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Das Passagieraufkommen liegt bei 21 Millionen, beim LCY sind es gerade viereinhalb.

Die aber zahlen kräftig – etwa vierstellig für einen Geschäftsflug im 32sitzigen Airbus A318 nach New York und das Privileg der City-Nähe. Zur LCY-Klientel zählen auch gutsituierte Urlauber aus Mailand oder Zürich. Alle anderen nutzen Heathrow oder die drei Airports jenseits der Stadtgrenzen. Sie bilden mit 150 Millionen Passagieren das Rückgrat des größten Luftkreuzes der Welt. Auf Gatwick (46 Kilometer von der City), Luton (53) und Stansted (64) entfällt dabei die Hälfte des Passagieraufkommens. Berlin bringt es mit seinen zwei Flughäfen auf 33 Millionen Passagiere – trotz Merkels milliardenschwerer Ticketsteuer und der planerischen Inkompetenz in Berlin.

Was der Hauptstadtpolitik fehlt, sind Frauen und Männer, die die Notwendigkeiten von morgen und übermorgen heute schon erkennen. Und danach handeln. Erst recht fehlten diese in den Nullerjahren, als der Hauptstadtflughafen BER mit einer faktischen Obergrenze von gut 20 Millionen Passagieren jährlich in Bau ging – obwohl Experten längst mit höheren Zahlen rechneten. Allein das gegenwärtige Aufkommen in Tegel übersteigt die BER-Kapazität, und der neue Flughafen ist weit davon entfernt, betriebsbereit zu sein. Dem alten West-Berlin darf man zugute halten: Wirklich Hauptstadt ist man erst wieder seit 26 Jahren.

Ein wenig Dilettantismus war also verzeihlich. Doch der naive Plan, mit einem einzigen Flughafen – dem BER – alle Bedürfnisse zu decken, ist gescheitert. Dabei gab es eine Alternative: den ehemaligen Flugplatz Sperenberg der Sowjetarmee, 48 Kilometer südlich von Berlin, also näher als Luton und Stansted. Die Waldlage im dünn besiedelten Kreis Teltow-Fläming und die existierende 2.500-Meter-Betonpiste bieten perfekte Standortbedingungen. Ein ausgebauter Flughafen Berlin-Sperenberg würde auch 40 Millionen Passagiere wegstecken. Eine echte ICE-Anbindung wäre über die Strecke Berlin-Leipzig-Erfurt – und anders als in München oder Hamburg – problemlos möglich. Aber was geschieht mit dem Ex-DDR-Flughafen Schönefeld und der benachbarten Investruine BER?

Die Hauptstadtbevölkerung wächst unaufhörlich. Die Metropole bleibt trotz allem attraktiv, neuer Wohnraum in Schönefeld wäre exzellent angebunden und wohl begehrt. Cut your losses, sagen die Amerikaner – wirf kein gutes Geld dem schlechten hinterher. Doch dazu braucht es Politiker mit Weitsicht und Mut.