© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 39/17 / 22. September 2017

Zurück von Bologna: Hoffnungszeichen mehren sich
Anthropologisches Minimum
(wm)

Vor 18 Jahren wurde mit dem „Bologna-Prozeß“ das umfassendste Reformprojekt in der Geschichte der europäischen Hochschulen gestartet. Mit dem Ergebnis: „Fast kein Ziel erreicht“, wie der Mainzer Literaturhistoriker Gunther Nickel konstatiert (Tumult 3/2017). Ein Resultat, das von Anfang an vorhersehbar war und auch vorhergesagt worden ist, weil der Reform weder ein „vernünftiger Begriff von Wissenschaft“ noch eine realistische Vorstellung von möglichen Berufsfeldern zugrunde gelegen habe. Krachend gescheitert sei die Einführung der Bachelor- und Masterabschlüsse, die zu kürzeren, berufsorientierten Studienzeiten führen sollte. Damit huldigte man einem „anthropologischen Minimalismus“, der, wie Felix Grigat, Redakteur der Zeitschrift des Deutschen Hochschulverbandes, beklagt (Forschung &Lehre, 9/2017), die an einer Bildung des „ganzen Menschen“ orientierte Hochschule durch die „Kompetenzuniversität“ ersetzt habe, die einem „utilitaristischen Leitbild“ folge. Aber nicht einmal dies könne während sechs Bachelor-Semestern erreicht werden, da – von keinem Arbeitgeber und Professor mehr bezweifelt – das ebenfalls „reformierte“ Gymnasium mit G8-Abitur „die Studierfähigkeit nicht mehr gewährleistet“. Erste Stimmen, die fordern, das BA-Studium um zwei Semester aufzustocken, seien daher Hoffnungszeichen für den Beginn einer Reform der Reform. 


 www.forschung-und-lehre.de