© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 39/17 / 22. September 2017

Knapp daneben
Naturschutz verletzt die Tierwürde
Karl Heinzen

David Slater hat eingelenkt. 25 Prozent der Einnahmen aus Affen-Selfies, deren Verwertungsrechte zu besitzen er behauptet, sollen in Zukunft für den Naturschutz gespendet werden. Ein Rechtsstreit vor dem US-Bundesgericht in San Francisco, der weltweit für Aufsehen gesorgt hatte, ist damit beigelegt. Seine Vorgeschichte reicht in das Jahr 2011 zurück. Der britische Fotograf war auf der indonesischen Insel Sulawesi für Tieraufnahmen unterwegs. Als er sein Stativ einen Moment lang unbeaufsichtigt ließ, nahm der Schopfmakake Naruto die Kamera an sich und betätigte den Auslöser. Zwei der so entstandenen Selbstporträts veröffentlichte Slater in einem Buch. Irgend jemand muß von Narutos heiterem Antlitz so angetan gewesen sein, daß er die Bilder ins Internet stellte, in dem sie sich rasant verbreiteten. Von seiner globalen Popularität hatte der Affe allerdings nichts. Dies rief die Tierschutzorganisation Peta auf den Plan, die in seinem Namen Copyright-Klage einreichte.

Der Affe wird sich die Frage stellen müssen, ob seine Interessen bei Peta gut aufgehoben sind.

Der Ausgang des Verfahrens kann Naruto nicht zufriedenstellen. Ob er als Eigentümer der von ihm geschossenen Fotos anzusehen ist, bleibt juristisch ungeklärt. Würde ihm das von Slater konzedierte Viertel der zukünftigen Einnahmen persönlich zufließen, könnte er vielleicht mit dem Kompromiß leben. Seine Altersversorgung und die Ausbildung seiner Kinder wären sichergestellt. Auch müßte er sich angesichts der geringen Lebenshaltungskosten im sulawesischen Dschungel wohl nie mehr um Nahrung und Schlafstätte sorgen. So werden die Mittel jedoch für Zwecke ausgegeben, die sich Menschen ausgedacht haben, ohne ihn vorher nach seiner Meinung zu fragen. 

Die „Natur“, die sie mit dem ihm zustehenden Geld „schützen“ wollen, ist grausam. Zur ihr gehören auch Spezies, die Schopfmakaken nach dem Leben trachten. Auf eine solche Art von Naturschutz kann Naruto gerne verzichten. Er wird sich daher die Frage stellen müssen, ob seine Interessen bei Peta tatsächlich gut aufgehoben waren. Eine Organisation, für die Natur letztlich bloß eine Nahrungskette ist, kann kein Verständnis für die Tierwürde des Einzelnen aufbringen.