© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 40/17 / 29. September 2017

CD-Kritik: Christina Pluhar – L‘Arpeggiata
Raubkopierer
Jens Knorr

Die Sinfonia aus Händels „Alcina“, mit Klarinettensolo des Jazzmusikers Gianluigi Trovesi, eine Improvisation über einen Canario von Johann Hieronymus Kapsberger mit virtuosem Konnakol, der vokalen Imitation einer Trommel, des Sergey Saprichev, „Where’er you walk“ aus „Semele“, keusch verjazzt von der Sopranistin Nuria Rial, desgleichen „Pena tiranna“ von dem Countertenor Valer Sabadus – Christina Pluhar, L’Arpeggiata und ihre Gäste verwandeln sich diesmal Musiken eines großen Raubkopierers an, eines Meisters musikalischer Verwertungsketten, der nicht nur eigene Musik zweit- und drittverwertete, sondern hemmungslos auch die anderer: Georg Friedrich Händel.

Christina Pluhar hält an dem Anspruch fest, daß Kunst Verwandlung sei und verwandeln müsse. Und welche Musik ginge besser anzuverwandeln, als die eines Komponisten, der selbst improvisierend suchte und fand? Woran könnte sich Phantasie besser entzünden als an dem Notengerüst des Generalbasses, das erst Musik werden soll und kann durch Musiker, die Kompetenz und Phantasie aufbringen, das Gerüst auszugestalten?

Pluhar und die ihren setzen auf friedliche Koexistenz statt Konfrontation. Die Originale erscheinen instrumental neu gewandet, aufgefrischt mit jazzigen Einsprengseln. Dieser Händel geht gezähmt und eingehegt und gar nicht wild.

Christina Pluhar Händel goes wild Erato (Warner Classics) 2017  www.arpeggiata.com