© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 41/17 / 06. Oktober 2017

Grüße aus Rom
Römischer Herbst
Paola Bernardi

Was für ein Herbstbeginn in Rom: Wochenlang hatte zuvor große Hitze geherrscht. Seit Menschengedenken hatten weder die Touristen noch die alten eingesessenen Römer erlebt, daß die berühmten Brunnen ihrer Stadt plötzlich nicht mehr sprudelten, daß das Wasser rationalisiert wurde. Diese erstmalige römische Wasserkrise wurde ausgelöst durch Umweltvergehen und durch Wasserdiebe.

Doch am Tag, als der Regen kam, da brach das Chaos vollends über die Stadt herein. In kürzester Zeit waren die U-Bahn-Stationen und damit auch die U-Bahnen vollgelaufen, das Wasser staute sich in Kniehöhe. Ganze römische Viertel waren nach 20 Stunden immer noch ohne Elektrizität und damit ohne Telefon. Notdienste konnten telefonisch nicht erreicht und Handys nicht mehr aufgeladen werden. Kühlhäuser und private Kühlschränke verreckten, verstopfte Gullys und ganze Straßenzüge waren nicht mehr zu passieren. Millionenschäden wurden in kürzester Zeit verursacht.

Nur das Shopping in der Via Condotti und an der Piazza di Spagna ist noch angesagt.

„In Miami herrschte der Orkan Irma, in Rom haben wir den Orkan Virginia“, sagen resigniert die Römer. Virginia Raggi, heißt seit einem Jahr die junge Bürgermeisterin von Rom von der Protestpartei fünf-Sterne, die völlig überfordert ist.

Auch im Wirtschaftbereich scheint in Rom Herbstflaute: Immer mehr große Unternehmen, angefangen von Sky über Exxon-Mobil bis Mylan, verlassen die Stadt, Tausende Arbeitsplätze sind damit futsch. Immer häufiger sieht man anstelle von Auslagen das gelbe Schild „Zu vermieten“; ganze Straßenzüge veröden. Nur das Shopping in der Via Condotti und an der Piazza di Spagna ist noch angesagt. Und das, obwohl hier die höchsten Mieten Europas bezahlt werden. Aber es sind die Russen und neuerdings auch Koreaner, die bei Bulgari, Hermès und Buccellati kaufen und so die Stadt vor dem totalen Ruin bewahren.

Doch nicht nur wirtschaftlich, sondern auch moralisch ist Rom in diesem Herbst ins Abseits gerutscht: So haben Großbritannien, die USA und Finnland Warnungen vor allem an weibliche Landsleute für deren römischen Aufenthalt ausgegeben: Achtung „for spiked drink (gedopte Drinks)“ heißt es in dem Bulletin, nachdem es in jüngster Zeit immer wieder zu Vergewaltigungen von jungen Ausländerinnen kam. So unter anderem auf der berühmten Treppe vom Campidoglio (Rathaus) und der „Villa Borghese“.