© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 41/17 / 06. Oktober 2017

Konservatives Wissen um den Preis der Moderne
Ambivalenzen des Fortschritts
(dg)

Wenn die sich mit hoher Dynamik verändernden modernen Gesellschaften keine Balance zwischen Kräften der Bewegung und Kräften der Beharrung finden, werden sie sich selbst zerstören. So lautet die provokante These, aus der Peter Graf Kielmansegg, ein emeritierter Historiker und Politikwissenschaftler, „das Recht und die Pflicht, konservativ zu sein“ ableitet (Herder Korrespondenz, 9/2017). Es überrasche nicht, wenn die anscheinend mit immer höherem Tempo ablaufenden industriellen, wissenschaftlichen und demokratischen Umwälzungen seit 200 Jahren auch stets Kräfte der Beharrung auf den Plan riefen. Der Konservatismus antworte auf diese bewährte Orientierungen vernichtende Moderne mit der Frage, ob der Mensch ihren Veränderungen auf Dauer gewachsen sein werde. Konservativ zu sein heißt daher, „zu wissen, daß das Projekt der Moderne einen Preis kostet“, und über ein Bewußtsein für die Ambivalenzen des „Fortschritts“ zu verfügen. Denn die Verbesserung der Bedingungen humaner Existenz und ihre Gefährdung lägen im „unablässigen Bewegungsdrang unserer Zivilisation ganz nahe beieinander“. So etwa drohe das kulturelle Paradigma der Fixierung des Ichs auf sich selbst die Notwendigkeit zu verdrängen, Verhaltensdispositionen zu bewahren, die ein verläßliches Miteinander verbürgen. 


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