© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 42/17 / 13. Oktober 2017

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Ein Hauch von James Bond
Paul Rosen

Geheimdienste sind schon ihrer Natur nach das Gegenteil von transparent. Außerhalb von James-Bond-Filmen ist der Ruf der Schlapphüte durchweg schlecht; zu Bonner Zeiten hieß es, das Studium guter Zeitungen sei erhellender als das Lesen von Auslandsberichten des Bundesnachrichtendienstes (BND). Das hat sich seit dem Umzug nach Berlin geändert, vor allem durch neue Formen der Bedrohung, etwa durch islamistische Terroristen. Und neue Techniken sowie das Internet erschlossen für Spione und Abwehr ganz neue Arbeits- und Aufgabenfelder. In der Folge kam es zu einer Reihe von Abhörskandalen, aus denen Beobachter den Schluß ziehen mußten, daß in der Schlapphut-Branche jeder jeden abhört und weder Amerikaner noch Deutsche vor guten Freunden haltmachen. Der berühmte Satz von Kanzlerin Angela Merkel: „Abhören unter Freunden, das geht gar nicht“ – er war schnell wieder vergessen. Untersuchungsausschüsse des Bundestages konnten auch nur wenig Licht in das Dunkel der Geheimdienste bringen. 

Doch mehr Transparenz muß sein, dachte man in der Großen Koalition und verabschiedete 2016 das „Gesetz zur weiteren Fortentwicklung der parlamentarischen Kontrolle der Nachrichtendienste des Bundes“. Damit mußten sich nicht nur Geheimdienste, sondern auch das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) des Bundestages auf Neues einstellen: Tagte man früher im abhörsicheren Keller des Jakob-Kaiser-Hauses, so berät man jetzt öffentlich – zumindest einmal im Jahr. 

In der vergangenen Woche war es soweit: Die Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Hans-Georg Maaßen, sowie des BND, Bruno Kahl, und des Bundesamtes für den Militärischen Abschirmdienst (BAMAD), Christof Gramm, rückten an und stellten sich den Fragen der PKGr-Mitglieder. So weit her mit der Transparenz war es jedoch auch wieder nicht, denn die zu behandelnden Themen waren vorher eingegrenzt worden. André Hahn von Linkspartei kritisierte, die Abgeordneten könnten „eigentlich nur die Fragen stellen, deren Antworten sie schon kennen“. 

Immerhin ging es auch um die Frage, warum böse fremde Mächte zwar dicke Datenpakete etwa aus dem Bundestag stehlen, aber anschließend vom Inhalt nirgendwo zu hören und zu lesen ist. Maaßen meinte, die Datendiebe (möglicherweise aus Rußland) seien zu der Auffassung gelangt, daß die politischen Kosten einer Veröffentlichung zu hoch gewesen wären. Tiefere Einblicke gab es nicht, denn das Kontrollgremium hat kein Druckmittel. Das hätte aber der Haushaltsausschuß des Bundestages, wo über Stellenpläne und Ausgabenvolumen von BfV, BND und BAMAD entschieden wird. Dort wäre die Transparenz-Sitzung besser angesiedelt worden. 

Zumal sich die Geheimdienste dort auch um Geld für neue Aktionsfelder bemühen müssen. Eins wurde skizziert: Internet-Auftritte von Terroristen zu blockieren ist fast unmöglich. Aber ein Mittel gibt es doch: das „Hack Back“ – das Zerstören von gegnerischen Internet-Servern. Also doch ein Hauch von James Bond im Bundestag.