© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 42/17 / 13. Oktober 2017

Haltungsnote
Frisch auf!
Gil Barkei

Wanderstöcke und im Winter sogar Spikes statt Rollator und künstliche Metallgelenke. Benno Schmidt zeigt in Zeiten des Jugendwahns, wieviel Energie in älteren Körpern noch pulsieren kann, und steckt so manch Jüngeren dabei locker in die Tasche. Seit der Maueröffnung wandert der heute 85jährige Rentner fast jeden Tag bei Wind und Wetter auf den Brocken. Auf seiner Standardroute vom sachsen-anhaltinischen Schierke aus braucht er vier Stunden für den Auf- und Abstieg über die knapp 500 Höhenmeter. Am Tag der Deutschen Einheit erklomm der frühere Handels-ökonom zum 8.298 Mal den 1.141 Meter hohen Gipfel. Er holt damit nach, was ihm jahrzehntelang verwehrt blieb und setzt ein Zeichen der Wiedervereinigung. In der DDR war der höchste Berg des Harzes Sperrgebiet. Erst 1990 konnte der Harzklub damit beginnen, die Wanderwege aus Ost und West miteinander zu verbinden. In der Region ist „Brocken-Benno“ längst eine kleine Berühmheit. So populär, daß der letzte Ministerpräsident der DDR, Lothar de Maizière, um ein Autogramm bat, als er am 3. Oktober die Festrede der Gedenkfeier auf dem Brocken hielt. Zu seinem 88. Geburtstag im Mai 2020 möchte Schmidt den Brocken 8.888 Mal bestiegen haben.