© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 42/17 / 13. Oktober 2017

Frisch gepresst

Zeitgeistkirche. Die Übernachtungen in den Lutherstädten Wittenberg und Eisenach haben im Jubiläumsjahr der Reformation stark zugenommen, aber nicht der Glaubenseifer der evangelischen Christen und ihrer kirchlichen Repräsentanten. Wer immer nach den Gründen für evangelische Zeitgeistkonformität gesucht hat, der wird durch dieses Buch mit profunden Antworten versehen, die nicht zu kurz gesprungen sind. Dem Religionswissenschaftler Harald Seubert ist es gelungen, wissenschaftlich anspruchsvoll und doch flüssig lesbar und mit Beispielen und Beobachtungen veranschaulicht darzulegen, wo und seit wann bei den Protestanten der Hase im Pfeffer liegt. Daß nicht mehr in erster Linie Gottes Wort und unwandelbare Wahrheit geglaubt und bekannt werden, sondern weltliche Bekenntnisse, ist weit älter als der Untergang der Monarchie oder die Politisierung durch 1968 ff. Schon mit der Aufklärung zogen Relativismus und Historismus als „Trojanische Pferde“ (Dietrich von Hildebrand) in die Theologie ein. In der so vorbereiteten „Stadt Gottes“ hatte der Marxismus leichtes Spiel, das christliche Heil durch utopische Weltbilder zu überformen. Ein verbindliches Lehramt hätte hier als „feste Burg“ dienen können. (ru)

Harald Seubert: Irrtümer in der Gemeinde Gottes. Wie der Zeitgeist den evangelischen Glau-ben verfremdet. Resch Verlag, Gräfelfing 2017, gebunden, 160 Seiten, 14,95 Euro





Grenzenlos. Die auf eine ominöse „Obergrenze“ fixierte CSU-Forderung erscheint ebenso absurd wie folgerichtig. Verweist doch die unscharfe Begrifflichkeit auf das offenkundig vorhandene Unbehagen, das seit der Grenzöffnung Merkels eingetreten ist. In kurzweiligen 21 Kapiteln seiner Studie „Albtraum Grenzenlosigkeit“ diagnostiziert der Psychiater Burkhard Voß daher das – nicht nur in Fragen der Flüchtlingspolitik – weitverbreitete Phänomen fehlender Abgrenzung. Schließlich entstünde erst durch Grenzen die so oft zitierte, geradezu als Fetisch gefeierte „Vielfalt“. Überhaupt seien sie eine Grundbedingung des Lebens. Letztlich existiere dessen Baustein, die Zelle, nur „durch eine scharfe Demarkation zur Außenwelt“. Auch für die Gattung des Homo sapiens sei das Prinzip der Territorialität eine „anthropologische Konstante“ – im Bereich der LGBTI-Bewegung sogar über den Tod hinaus: So eröffnete im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg 2014 immerhin ein Friedhof nur für Lesben. (cd)

Burkhard Voß: Albtraum Grenzenlosigkeit. Vom Urknall bis zur Flüchtlingskrise. Solibro Verlag, Münster 2017, broschiert,160 Seiten,16,80 Euro