© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 42/17 / 13. Oktober 2017

Frisch gepresst

Lügenpresse. „Lügen die Medien?“ Diese Frage diskutiert der Publizist Jens Wernicke in seinem gleichnamigen „Medienkritik-Kompendium“ mit zahlreichen Interviewpartnern. Zu Wort kommen „Die Macher“, also Journalisten wie Ulrich Tilgner, „Die Denker“ wie der US-Sprachwissenschaftler Noam Chomsky sowie für „Die Zivilgesellschaft“ unter anderem die ARD- und ZDF-Kritikerin Maren Müller. Der mit Info-Kästen und Statistiken unterfütterte Unmut kommt dabei von links. Manipulierende Medien würden die Armut und soziale Ungerechtigkeit in Deutschland verschweigen und „den Krieg, den ihr Land in anderen Ländern vom Zaun gebrochen hat“, als Krieg „gegen den Terror“ verharmlosen. Trotz interessanter Beispiele und des in die richtige Richtung zielenden Vorwurfs, die in nur wenigen Händen einer Elite liegende Deutungshoheit führe zu mangelndem Pluralismus, bleiben wesentliche Aspekte der Eingangsfrage unbeleuchtet. So erhalten die parteiische Einseitigkeit, das bewußte Weglassen und die taktischen Verzögerungsmanöver in der Berichterstattung über die Asylkrise und ihre Folgen kaum Platz. (gb)

Jens Wernicke: Lügen die Medien?  Propaganda, Rudeljournalismus und der Kampf um die öffentliche Meinung. Westend Verlag, Frankfurt am Main 2017, broschiert, 368 Seiten, 18 Euro





Machtanspruch. Der Mainzer Emeritus Hans Mathias Kepplinger hat dieses Buch, das zu einem Kompendium des Selbstverständnisses und der Arbeitsweise der Journalisten taugt, nicht nur dicht mit Empirie gefüllt, sondern auch ansprechend und teilweise gar mitreißend geschrieben. Anekdotenreich erklärt er, wie Journalisten ticken, und warum es zunehmend zu einer unterschiedlichen Wahrnehmung der Realität zwischen ihnen und der Mehrheit ihrer Konsumenten kommt. Der Kommunikationsforscher kritisiert vehement den überhöhten Machtanspruch, den sich die Medien als Kontrolleur der Politik und „vierte Gewalt“ des Staates selbst zugeschrieben haben. So schreibt Kepplinger, dessen Forschungsschwerpunkte auch immer um Selbstverständnis und Arbeitsweise von Journalisten kreisen: „Die Medien würden seit Jahren die ‘Langeweile der Politik bejammern’, sie hätten jedoch ‘leidenschaftlich die Rolle des Grenzwächters übernommen’. Politische Linientreue werde verhöhnt, Grenzverletzungen jedoch gnadenlos ‘skandalisiert’.“ (mp)

Hans Mathias Kepplinger: Totschweigen und Skandalisieren.Was Journalisten über ihre eigenen Fehler denken. Herbert von Halem Verlag, Köln 2017, broschiert, 229 Seiten, 21 Euro