© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 42/17 / 13. Oktober 2017

Die Bürokratiebremse der Bundesregierung verzögert nur zaghaft
Die fehlende Milliarde
Mathias Pellack

Die scheidende Bundesregierung machte es sich zu einem „dauerhaften Anliegen, bürokratische Lasten für Unternehmen zu reduzieren und Rechtssetzungsprozesse zu verbessern“. Das war überfällig, denn die deutsche Bürokratie vermehrt sich scheinbar scheinbar selbst. Deswegen verpflichtete sich die Bundesregierung, im Laufe der Legislaturperiode genauso viele Vorhaben und Maßnahmen zur Verringerung einzuführen, wie sie zur Erhöhung der Abgabenlast beschließt.

Erst 2015 trat diese Bürokratie-bremse in Kraft, und dennoch rühmt sich Schwarz-Rot jetzt des großen Erfolges: 85 Vorhaben hätten zu einem Anstieg der Belastungen um 1,9 Milliarden Euro geführt. Dagegen seien 66 Maßnahmen für einen Rückgang um 2,4 Milliarden Euro verantwortlich. Das Ergebnis sei damit „sehr positiv“. Seit der Einführung habe sich „der Erfüllungsaufwand um rund 1,5 Milliarden Euro pro Jahr verringert“. Möglicherweise hatte da jemand nur einen schlechten Tag, aber vielleicht ist es auch ein strukturelles Problem. Vielleicht sollte es sich die Bundesregierung mal zu einem dauerhaften Anliegen machen, die Rechenkünste ihrer Mitglieder und Bediensteten zu schulen. Alternativ könnte man darüber nachdenken, die Bürokratiebremse zu stoppen und das Geld in die mangelhaft besetzten Schulen zu stecken. Laut einer Umfrage, die die Zeit und Statista über 16 Jahre unter 1.800 Lehrern, 1.100 Eltern und 750 Gymnasiasten durchgeführt haben, sind mindestens zehn Prozent der Schulstunden verschwendete Zeit.

Im Durchschnitt fallen fünf Prozent gänzlich aus, und weitere fünf Prozent werden mit überwiegend nutzlosem Vertretungsunterricht verbracht. Die ermittelten Werte liegen für das reiche Baden-Württemberg schon bei 3,8 Prozent. In Nordrhein-Westfalen fielen dagegen acht Prozent der Unterrichtsstunden aus. Offizielle Zahlen behaupten dagegen, unterschiedlich je nach Bundesland, zwei bis vier Prozent Ausfall. Auch hier scheint es an Bildung zu mangeln.