© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 42/17 / 13. Oktober 2017

Frisch gepresst

Politik-Varia. Es ist ein herrliches Buch, dieses Wörterbuch über die zentralen Nebensächlichkeiten der Demokratie. Wobei zu warnen ist: Wer ein ordentlich strukturiertes Nachschlagewerk erwartet – der wird enttäuscht. In einem erfrischend lockeren, manchmal fast schnodderigen Ton erklärt Philip Manow von der Uni Bremen die „Praxis der demokratischen Politik“. Von A wie Applausminuten, Merkels Applaus beträgt übrigens auf Parteitagsreden durchschnittlich 7,7 Minuten, über L wie Locken im Wind, hier geht es um Bemerkungen über die politische Haarpracht, bis hin zu Z wie Zehn-Punkte-Plan. Laut Manow gehört der zum „Repertoire der politischen Entscheidungssimulation“. Doch so lustig, wie es die Schlagworte suggerieren, ist das Politikgeschäft nicht. Macht darf in einer Demokratie nicht durch Pomp demonstriert werden, Volksnähe ist angesagt, beim Staatsbesuch wie beim Essen. Ein hartes Brot. Apropos Brot: „Die typische politische Klischeespeise (...) soll zur Assoziation jeden und zur Dissoziation keinen Anlaß bieten“, schreibt Manow. Peter Altmaier zum Beispiel twitterte an einem heißen Sommertag nur ein einziges Wort: „Erdbeerkuchen.“ Manow mutmaßt: „Das scheint eher unkontrovers zu sein.“ (mec)

Philip Manow: Die zentralen Nebensächlichkeiten der Demokratie. Von Applausminuten, Föhnfrisuren und Zehnpunkteplänen. Rowohlt Verlag, Reinbek 2017, broschiert, 317 Seiten, 14,99 Euro





Beethoven. Noch ein Buch über Ludwig van Beethoven? Ja! Und was für eines! „Der Schöpfer und sein Universum“ lautet der Untertitel, und wie das der Autor, der renommierte Dortmunder Musikwissenschaftler Martin Geck angeht, ist wirklich originell. „Universum“ steht hier nicht, wie man zunächst vermuten möchte, konventionell für den historischen und kulturellen Hintergrund. Vielmehr spiegelt Geck Beethovens Werke ausschließlich in Miszellen über andere berühmte Persönlichkeiten – von Napoleon über Hegel, Hölderlin oder Franz Schubert bis zu Glenn Gould. Glenn Gould? Lebte der nicht hundert Jahre nach dem Meister? Eben! Der Autor beleuchtet nicht nur Zeitgenossen Beethovens, sondern auch Nachfahren wie Romain Rolland, Aldous Huxley oder Theodor W. Adorno, die er beeinflußte. Und so erweitert er das Spektrum des Werkes auf erfrischende und abwechslungsreiche Weise. (mo) 

Martin Geck: Beethoven. Der Schöpfer und sein Universum. Siedler Verlag, München 2017, gebunden, 448 Seiten, Abbildungen, 26 Euro