© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 43/17 / 20. Oktober 2017

Tomio Okamura und seine Rechtspartei SPD ziehen ins tschechische Parlament ein.
Der Trommler
Dushan Wegner

Rechter Protest in der Tschechischen Repulik hat andere Vorzeichen als sein deutsches Gegenstück. Hierzulande rufen die Markantesten: Wir haben genug gebüßt! Bei unseren Nachbarn: Wir haben genug gelitten! (Unter fremder Herrschaft) Beide ziehen aber das gleiche Fazit: nicht Wohltäter der ganzen Welt sein zu müssen. Man fürchtet importierte Gewalt, fühlt sich von der EU bevormundet, will das Joch politischer Korrektheit abschütteln, und um gehört zu werden, sagt man das alles extra deutlich.

Tomio Okamura ist derzeit der Lauteste unter den tschechischen Deutlichsprechern. Mit seiner Partei SPD, „Svoboda a prímá demokracie“ (Freiheit und direkte Demokratie), tritt er bei der Wahl zum Abgeordentenhaus, der entscheidenden Kammer des tschechischen Parlaments, am 20. und 21. Oktober an. In den Umfragen liegt er bei 7,5 Prozent – Tendenz steigend. Okamuras Gegner nennen ihn einen Rechtspopulisten, gar einen Radikalen, seine Anhänger einen jungen Kerl, der Tabus bricht und Wahrheiten ausspricht. Er forderte einmal, Schweine vor Moscheen zu treiben. Seine Provokationen sind von einer lapidaren Kalkuliertheit.

Okamura wurde 1972 in Japan als Sohn einer Tschechin und eines Asiaten geboren. Kindheit und Jugend verbrachte er teils in Japan, teils in Tschechien, unter anderem in Kinderheimen. In Japan arbeitete er – wichtiger Teil der „Okamura-Story“ – als Müllmann und Popcorn-Verkäufer. In Tschechien wurde er Unternehmer, trat im TV auf, sein Image als Selfmademan half ihm. Er schrieb Sachbücher, über sich, Politik und japanische Küche – aber eigentlich immer über sich.

Sein Schritt ins öffentliche Leben war eher Eigennutz geschuldet: Okamura wollte durchsetzen, in seinen Restaurants ausländisches Personal einstellen zu dürfen. Die Begeisterung für öffentliches Wirken blieb. Will er geliebt werden? Oder ist Politik für ihn nur ein Geschäft, weil er tatsächlich gar nicht so wohlhabend ist, wie sein Ruf suggeriert?

2012 als Unabhängiger in den Senat gewählt, die zweite Parlamentskammer, wurde er 2013 Chef der „Úsvit prímé demokracie“ (Morgendämmerung der direkten Demokratie), einer neuen Partei, mit der er sich kurz darauf zerstritt und 2015 die SPD gründete. Auch diese EU-skeptisch und patriotisch, aber etwas vorsichtiger mit Kritik an Minderheiten: Nationalkonservativ könnte als Etikett passen. Einige sagen „rechtspopulistisch“, der Spiegel natürlich „rechtsextrem“. 

Okamuras Botschaft ist ein Stakkato der Schlagworte: „Korruption! Unfähigkeit! Einwanderung!“ Den Islam will er verbieten und fordert ein Ende der „Parasiten“ – seine Anhänger verstehen: „Zigeuner“. Vieles ist Klischee, vieles hat aber auch einen wahren Kern. Okamura greift den Schmerz auf. Es klingt noch immer die Frustration mit, daß die Tschechen nun wirklich genug gelitten hätten.