© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 45/17 / 03. November 2017

Katalonien
Vertane Chancen
Jürgen Liminski

Der Sieg des katalanischen Fußballvereins FC Gerona gegen die Königlichen von Real Madrid blieb lediglich ein Sportereignis. Auch wenn der abgesetzte Präsident Kataloniens es über Twitter als „beispielhaft“ bezeichnete, Carles Puigdemont hat sein Spiel gegen Madrid verloren. Ihm drohen sogar ein Prozeß wegen Rebellion und Jahrzehnte hinter Gittern. Er nahm die Anklage im Ausland zur Kenntnis. Die harte legalistische Linie des spanischen Premiers Rajoy hat sich durchgesetzt.

Bis Sonntag hatte Puigdemont noch die Chance, zurückzutreten und damit die Lage zu befrieden. So hat es der kurdische Präsident Barsani in diesen Tagen gehalten. Schließlich hängt Politik, gerade in historischen Momenten eines Volkes, immer von Persönlichkeiten ab. Puigdemonts Rücktritt hätte die Anklage ausgebremst. Aber jetzt läuft der Zug Richtung Neuwahlen, und es ist nicht zu sehen, wer ihn noch aufhalten könnte. 

Im Heizerwaggon schaufelt Rajoy Kohlen in die Lok. Er könnte die aufgeheizte Stimmung abkühlen, indem er auf die Katalanen zugeht und mit ihnen über eine Autonomie diskutiert, die denen der Basken ähnelt. 

Es wäre ein Dienst für Spanien und für Europa. Denn der ferne Zentralismus ist es, der das Prinzip der Subsidiarität erstickt und die Sehnsucht nach Identität in überschaubaren Räumen belebt.