© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 45/17 / 03. November 2017

„Innovation ist immer rechts oben“
Forum Freiheit: Liberale Geister rechneten mit Angela Merkel ab / Einwanderung ein Prinzip der Nötigung?
Christian Dorn

Konjunktur hat, auch im vermeintlich „herrschaftsfreien Diskurs“, der immer häufiger verwendete Begriff „Anschlag“. Nach SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz und AfD-Bundestagsfraktionsvize Peter Felser hantierte nun auch Volkswirtschaftler Wolf Schäfer, Vorsitzender der Hayek-Gesellschaft, mit diesem Vokabular. So eröffnete er im Hans-Dietrich-Genscher-Haus das diesjährige „Forum Freiheit“, das traditionell im Parteisitz der FDP stattfindet, mit einer Anklage gegen die „politisch verordnete Alternativlosigkeit“.

Diese sei ein „Anschlag“ auf die Wissensgesellschaft, welche sich nur durch das Verfahren des Wettbewerbs erfolgreich entwickeln könne. Schäfer erinnerte hier an die Argumentation des Wirtschaftsnobelpreisträgers Friedrich August von Hayek, der dies bereits 1968 (!) bei seinem Kieler Vortrag „Wie entdeckt man Wissen?“ dargestellt habe. Der Rechtsanwalt und Publizist Carlos Gebauer, Vizechef der Hayek-Gesellschaft, merkte hier an, daß nicht nur das Wissen sich alle fünf Jahre verdoppele, ebenso verhalte es sich mit den Irrtümern.

So fordern jüngste Bestrebungen der EU-Kommission von Rechtsanwälten eine Berichtspflicht für den Fall, daß sich ihre Mandanten in Steuerfragen an sie wenden sollten. Dieser Eingriff des Staates in die Freien Berufe ist bei den Zahnärzten längst Praxis, wie Harald Peters schilderte, Vorsitzender des Freien Verbandes Deutscher Zahnärzte. Dies zeige das Beispiel der „unfreien Organisationen“, wie der Kassenzahnärtzlichen Vereinigungen (KZV) und der Zahnärztekammern. So werde durch die verordneten Regulierungen das Konzept der Selbstverwaltung in eine ineffiziente „staatliche Fremdbewirtschaftung“ umgewandelt, die die Zahnärzte allerdings aus eigener Tasche bezahlen müßten. Die Mittel werden direkt vom Kassenhonorar abgezogen. Im Gegenzug würden die Therapiefreiheit, die freie Arztwahl und die freie Berufausübung eingeschränkt.

Deutlicher sichtbar ist die Einschränkung der Meinungsfreiheit. Hier polemisierte Roland Tichy, Vorsitzender der Ludwig-Erhard-Stiftung: Im Unterschied zu China, wo die Regierung gerade eine Akklamations-App eingeführt habe, seien wir in Deutschland mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz schon weiter. Dieses „knallharte Zensurgesetz“, so Vera Lengsfeld (CDU), werde von freiwilligen Denunzianten gefüttert, von denen es nur so wimmle.

„Freiwillige Gleichschaltung

So habe ein Melker in Brandenburg seine Arbeit verloren, weil er im Netz mit der AfD sympathisiert habe. Tichy sah hier die Renaissance des „autoritären Charakters“, gefolgt von der „freiwilligen Gleichschaltung der Journalisten“. Es sei bezeichnend für die Zustände eines Landes, wenn allein durch eine Bemerkung der Regierenden („nicht hilfreich“) eine Medienmaschinerie in Gang gesetzt wird, die den Betreffenden sanktioniert und ausstößt.

Zu der „Stasi, die in unseren Köpfen sitzt“, so Tichy weiter, trete die „Ethik“ als Mittel zur Manipulierung der einzelnen wie der Masse. Dies verdeutlichte der ehemalige Bundesjustizminister Edzard Schmidt-Jortzig. So werde bei der Instrumentalisierung des Begriffes Ethik diese fälschlich mit Moral und Sittlichkeit gleichgesetzt. Wenn eine solche „Ethik“ vom Staat vorgeschrieben wird, beschränke dies die Meinungsfreiheit, „denn wer will schon ‚unmoralisch‘ erscheinen?“ Aktuelle Beispiele hierfür seien der diesjährige Wirtschaftsnobelpreis an den Theoretiker des „Nudging“-Prinzips Richard Taylor oder die im Frühjahr 2011 eingerichtete „Ethikkommission Saubere Energieversorgung“ zur Legitimierung von Merkels Kernenergie-Ausstieg, der ein „klassisches Nudging“ gewesen sei.

Dem „Aberglauben“ an die „Energiewende“ widmete sich darauf das Podium über „Freiheit und Technik“. Hier zeigte sich Peter Heller, Strategieberater aus Hannover, noch immer geschockt von der jüngsten Schlagzeile, wonach Audi sich vom Verbrennungsmotor verabschiede. Tatsächlich sehe sich Audi dazu gezwungen, um die Gesamtmenge des CO2-Ausstoßes zu reduzieren, da die meisten Kunden SUVs kauften. Dabei sei „Innovation immer rechts oben“, wie Heller anhand von Mobilitäts-Diagrammen demonstrierte. So liege die Effizienz von Elektroantrieben bei nur 30 Prozent des Wirkungsgrades, gegenüber 90 Prozent beim Verbrennungsmotor.

Für Sascha Tamm vom Institut für unternehmerische Freiheit (Berlin) erschienen unhinterfragte „Grenzwerte“ heute als „Glaubensdogma“. Dies verdeutlichte der Wirtschafts- und Technikjournalist Holger Douglas in seinem Vortrag über fragwürdige Grenzwertpolitik. Der „Grenzwertwahn“ beim Diesel oder beim Glyphosat sei unter anderem auf die verbesserte Meßtechnik zurückzuführen. Das Auffindenkönnen allerkleinster Substanzen habe im Umkehrschluß zur Folge, daß überall alles gefunden wird. Dabei sagten die postulierten Grenzwerte „immer weniger über einen realen Gefahrenwert aus“. Beispielhaft hierfür sei die Dieselabgas-Diskussion. So emittierten moderne Dieselmotoren faktisch keinen Feinstaub mehr. „Grenzwerte“ hätten daher in der heutigen Debatte nichts mehr mit „Gesundheit“ zu tun. Deshalb sollten diese nur noch toxikologisch bestimmt werden und nicht epidemiologisch.

Daß Freiheit nicht ohne Grenzen zu haben ist, thematisierte schließlich das hochkarätige Podium „Freiheit und Sicherheit“. Mit Blick auf das heimische Asylsystem dekretierte Deutschlands erfolgreichster Sachbuchautor Thilo Sarrazin: „Ein Recht mit absurden Folgen kann kein gesundes Recht sein.“ Besonders dann nicht, wenn es mit anderen Grundrechten kollidiere.

Hier pflichtete Konfliktforscher Erich Weede bei, der die gegenwärtige „Einwanderung“ als ein „Prinzip der Nötigung“ betrachtete, durch das – nicht zuletzt – ein Wohlstandsschwund importiert werde. Werden doch die Kosten der von Merkel verantworteten Massenimmigration, so die Schätzung Sarrazins, gemessen an der Lebenserwartung der illegal eingewanderten Immigranten nach Deutschland, sich auf eine Billion Euro summieren. Der Familiennachzug und die weitere Einwanderung ab 2018 sind da noch nicht eingerechnet.

Wirtschaftsphilosoph Gerd Habermann schloß hier an, als er anmahnte, den Wohlfahrtsstaat für Arme und Hilflose des eigenen Gemeinwesens zu unterscheiden von der irrigen Vorstellung eines Wohlfahrtsstaates für alle. Stattdessen, so allgemeiner Tenor, hätten wir in der Migrationspolitik eine Rechtsordnung, die die Verstöße gegen selbige auch noch belohnt.

So beendete Carlos Gebauer die Tagung mit dem Verweis auf das Asylrecht (Art. 16 a GG), nach dem keiner von all den „Flüchtlingen“ in Deutschland hätte aufgenommen werden dürfen. Und mit einer Klage ob der sogenannten „Demokratieabgabe“ an die GEZ: Denn „würde der öffentlich-rechtliche Rundfunk seiner Aufgabe wirklich nachkommen, hätten heute etliche Kameras den hochinteressanten Vorträgen beiwohnen müssen.“

„Forum Freiheit 2017“ der Friedrich A. von Hayek-Gesellschaft in Berlin:  hayek.de