© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 45/17 / 03. November 2017

Thalers Streifzüge
Thorsten Thaler

Immer wenn du als Berliner denkst, es kann nicht mehr irrwitziger in dieser Stadt zugehen, wirst du eines Schlimmeren belehrt. Eine Ausstellung des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg will demnächst allen Ernstes „Verständnis für afrikanische Drogendealer wecken“. So steht es in einer Ankündigung auf berlin.de, dem offiziellen Onlineportal der Hauptstadt. Aus Afrika stammende Immigranten in Berliner Parks sowie in anderen Städten Deutschlands seien „zum öffentlichen Sinnbild“ für Drogenverkäufer geworden. Sie seien „Sündenbock und Projektionsfläche für kollektiven Haß“, und sie stünden „im Scheinwerferlicht rassistischer Anfeindungen“. Trotzdem arbeiteten Drogenhändler „unerschrocken und tapfer im öffentlichen Raum“, meinen die Ausstellungsmacher. Entworfen wurde die Schau mit dem Titel „Andere Heimaten – Herkunft und Migrationsrouten von Drogenverkäufern in Berliner Parks“ von dem amerikanischen Konzeptkünstler Sven Holmquist. Im vorigen Jahr forderte er im Verbund mit der Piraten-Partei schon einmal ein Heldendenkmal für die Park-Dealer. Eröffnet werden soll die Ausstellung am 21. November. Finanziell gefördert wird das Projekt unter anderem von der Rosa-Luxemburg-Stiftung der Linkspartei.


Einen anderen irrsinnigen Fall aus Berlin schilderte kürzlich der langjährige Rußland-Korrespondent bei Focus und Buchautor Boris Reitschuster auf seiner Facebook-Seite. Eine ältere Frau stellt in einer belebten Fußgängerzone einen ausländischen mutmaßlichen Fahrraddieb zur Rede und wird daraufhin von dem Mann angebrüllt: „Nazi du!“ Erst daraufhin bleiben andere Passanten stehen und mischen sich ein – indem sie den Mann verteidigen. Die Frau solle ihn nicht „stalken“. Vielleicht sei es ja sein Fahrrad. „Lassen Sie ihn in Ruhe.“ Schließlich zieht der Mann mitsamt dem Bolzenschneider immer noch laut schimpfend von dannen. Dem Boulevardblatt B.Z. sagte Reitschuster: „Ich habe in Rußland erlebt, was es bedeutet, wenn eine Rechtsordnung zusammenbricht. Es ist die Hölle. Wir sollten den Anfängen wehren.“


Failed City Berlin: Deutschlands einzige Metropole sei „offener als das dünkelhafte München, lebendiger als das steife Hamburg, ehrlicher als das pathetische Köln“, notierte vorige Woche Kulturressortleiter Alexander Kissler auf Cicero Online. Jedoch: „Unter den Metropolen der westlichen Welt aber wird man kaum eine finden, die schlechter verwaltet und mieser repräsentiert wird.“ Dem Eingeborenen hat er damit aus der Seele gesprochen.