© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 45/17 / 03. November 2017

Frisch gepresst

Friedrich Naumann. Schon mit Thomas Dehler (1897–1967), dem bekanntesten Freidemokraten der Adenauer-Ära, weiß die heutige FDP nichts mehr anzufangen (JF 30/17). Viel weniger noch mit Friedrich Naumann (1860–1919), der als Mitglied der Nationalversammlung half, die Weimarer Verfassung aus der Taufe zu heben und der als Mitbegründer der linksliberalen Deutschen Demokratischen Partei eigentlich zu ihrem historischen Erbe gehört. Tatsächlich erinnert aber nur noch der Name ihrer Parteistiftung an diesen dem neoliberalen Ungeist der Besserverdiener-FDP fremden Politiker und protestantischen Theologen, für den Liberalismus ohne soziale Verantwortung nicht denkbar war. Achtzig Jahre nach der Publikation der voluminösen Naumann-Biographie seines politischen Ziehsohns Theodor Heuss schien es daher an der Zeit, eine neue wissenschaftliche Biographie vorzulegen. Die bei Wolfgang Pyta (Stuttgart) entstandene Dissertation Frederick Bachers muß sich bei einem solchen „Menschenfischer“ wie Naumann auch auf das Netzwerk seiner Mitstreiter und Adepten erstrecken, das noch die Geschicke der frühen Bonner Republik mitbestimmte. So porträtiert Bacher einen auf das Gemeinwohl verpflichteten wilhelminischen Politikertyp, seine Generation und seine Epoche, wobei leider die Kapitel zur Wirkungsgeschichte arg blaß ausfallen. Zudem hätte dieser akademischen Talentprobe eine strenge Stilkorrektur gutgetan. (wm)

Frederick Bacher: Friedrich Naumann und sein Kreis. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2017, 219 Seiten, Abbildungen, 44 Euro





Weltmacht China. „Mao Tse-tung hat das Land von Feinden befreit. Deng Xiaoping hat es reich gemacht. Und Xi Jinping macht es nun stark, führt es an die Spitze der Welt.“ Der gerade auf dem Parteitag der KP mit großer Machtfülle ausgestattete Xi hat mehrfach angedeutet, daß er für das Reich der Mitte zunehmend „die Welt als Feld“ (Albert Ballin) begreift. Die österreichische Außenpolitik-Expertin Karin Kneissl beschreibt in ihrer Studie prägnant diese Entwicklung Chinas, das nicht nur als Wirtschafts- oder Innovationsmacht mit seinen acht Millionen Studenten der Ingenieurwissenschaften, sondern auch als politischer big player den USA und erst recht dem altersschwachen Europa den Rang ablaufen wird. (bä)

Karin Kneissl: Wachablöse. Auf dem Weg in eine chinesische Weltordnung. Verlag Frank & Frei, Wien 2017, broschiert, 107 Seiten, 14,90 Euro