© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 46/17 / 10. November 2017

Grüße aus Bozen
Nur Ärger und Spott
Martin Feichter

Es ist ein sonniger Herbsttag im Bozner Ortsteil Moritzing. Hier, weit abseits des Touristenrummels unter den Lauben der Altstadt, findet man noch grüne Flecken, auf denen Apfelbäume und Weinreben gedeihen. Auf einer Wiese bringt ein Bauer mit seinen Helfern gerade die Ernte ein. Eine eintönige Arbeit. Nach einem pausbäckigen Apfel greifen, ihn mit einer kurzen Drehbewegung vom Baum holen, so daß der Stiel dranbleibt, dabei aber ja nicht zu fest zupacken, damit keine unschönen Druckstellen entstehen. Dann das Obst behutsam in die Apfelklaubtasche legen. Das Ganze immer wieder von vorne. Besonders heuer ist es eine sehr mühselige und penible Arbeit. Beschädigte doch der Hagelschlag in der Gegend rund um Bozen große Teile der Ernte.

Ein schelmisches Lächeln zuckt über das unrasierte Gesicht des Mitte 30jährigen.

Plötzlich aber schaut der Bauer auf und hält inne. „Die Landesregierung hat Strafanzeige gegen das Umweltinstitut München e.V. und den Filmemacher Alexander Schiebel eingereicht“, tönt es aus dem blaugrünen Makita-Radio, das an der Hebebühne festgemacht ist. Ein schelmisches Lächeln zuckt über das unrasierte Gesicht des Mitte 30jährigen. „Geat jo“, denkt er. „Von denen müssen wir Südtiroler Bauern uns nichts gefallen lassen.“ 

Es war ein Plakat am Münchner Stachusplatz, welches das Faß zum Überlaufen brachte. Auf den ersten Blick sah es aus wie eines von vielen, mit denen die Südtiroler Marketingorganisation in Deutschland warb. Auf den zweiten Blick aber fiel auf, daß darauf nicht die üblichen Slogans, sondern „Südtirol sucht saubere Luft“ und eine Nachahmung des Südtirol-Logos mit einem Hinweis auf „pestizidtirol.info“ zu sehen war. Das Plakat sollte die Verwendung von Pestiziden in den Apfelanlagen anprangern. 

Hierzulande sorgte es neben Ärger auch für Spott. Anstatt eines Pestizideinsatzes in einer konventionell geführten Apfelplantage, den die Initiatoren kritisieren wollten, zeigte es unwissentlich etwas total Konträres: einen Bio-Bauern beim Ausbringen von Stäubeschwefel in einem Weingut. 

Wann die Diskussion um den Pestizideinsatz und die Aktionen des Münchner Umweltinstituts abflauen werden, ist ungewiß. Aber bald wird wieder eine andere Debatte aufkeimen. Diesmal keine um die Gesundheit, sondern eine fürs Auge. Wegen der großen Unwetterschäden haben zahlreiche Bauern angekündigt, ihre Obstbäume mit Hagelnetzen zu schützen.