© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 46/17 / 10. November 2017

Zwischen Kapitalvernichtung und Erlösergeschichte
Tesla – eine Glaubensfrage
Thomas Kirchner

Nur drei Monate ist es her, daß Tesla einen Quartalsgewinn von 22 Millionen Dollar verkündete, dank Subventionen. Im dritten Quartal erfolgte die Rückkehr in die Realität: 597 Millionen Dollar Verlust – trotz Rekordumsatz von 2,36 Milliarden und 26.137 ausgelieferten E-Autos. Daimler hat hingegen 824.100 Autos ausgeliefert, bei 3,5 Milliarden Euro Bruttogewinn.

Anleger feiern die Tesla-Aktie dennoch. Zwar notiert sie rund ein Viertel unter ihrem Allzeithoch, doch das ist nach wie vor das Achtzehnfache des Emissionskurses von 2010. Nach einem solchen Höhenflug kann sich die alte Börsenmaxime, daß ein gutes Unternehmen nicht unbedingt eine gute Investition ist, bewahrheiten. Denn der Tesla-Börsenkurs antizipiert bereits alle nur denkbaren Erfolge. Anleger bewerten Tesla mit 51 Milliarden Dollar nicht wie einen Autohersteller, sondern als Technologiekonzern wie Apple oder Facebook.

Optimisten erwarten für 2019 einen Gewinn von 750 Millionen Dollar. Doch ob die Bruttomargen bis dahin von 20 auf 23 Prozent steigen werden, ist – angesichts der jüngsten Preissenkungen – mehr als fragwürdig. Eine Verdreifachung des Jahresumsatzes auf 28 Milliarden Dollar ist kaum denkbar, denn die Produktion des Kompaktmodells „3“ hinkt ein Quartal hinter dem Plan. Bis 2021 soll der Gewinn bei über drei Milliarden liegen, mit Bruttomargen von fast 25 Prozent. Zum Vergleich: Der beste deutsche Autobauer, Daimler, kommt nur auf 21 Prozent Marge, allerdings mit einem erprobten Produktportfolio.

Was Tesla-Chef Elon Musk besser kann als die Stuttgarter ist, Hoffnung zu verbreiten. Bei Anlegern, deren Weltsicht durch Uber, Facebook und Space-X geprägt ist, stößt er mit großen Visionen auf offene Ohren. Doch Tesla ist kein neues Geschäftsmodell, das einen alten Markt revolutionieren könnte. Elektroantrieb ist bestenfalls eine Produktverbesserung. Dadurch allein den Markt aufzurollen ist schwierig, zumal die Konkurrenz nicht schläft. Die Japaner liegen zwar noch vorne, doch Porsche und BMW bringen Hybridmodelle in jene Segmente, auf die es Tesla abgesehen hat. Grundsätzlich ist die Idee vernünftig, den Markt vom Luxussegment her aufzurollen, nachdem bisherige Versuche, E-Motoren in Seifenkisten unter die Verbraucher zu bringen, scheiterten. Doch Automobilbau ist komplex, und eine Massenfertigung über Nacht aus dem Boden zu stampfen ist bisher nur chinesischen Staatskapitalisten gelungen, die keine Rücksicht auf Gewinne und Renditen nehmen müssen.

Im Vergleich zu anderen Automobilkonzernen ist Tesla um das Drei- bis Vierfache überbewertet – und das auch nur unter der Annahme, daß die optimistischen Verkaufsprognosen eintreten. Kein Wunder, daß ein Viertel der sonst notorisch positiven Aktienanalysten den Verkauf der Tesla-Aktie empehlen. Zum Kauf rät nur ein Drittel.