© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 48/17 / 24. November 2017

„Ein Ja zu Gerechtigkeit und Liebe“
Australien: Bevölkerung spricht sich für Homo-Ehe aus / Befragung von Konservativen vorangetrieben und von Linken blockiert
Sandro Serafin

Die Freude bei den zahlreichen „Result Partys“ der „Gleichheits-Kampagne“ war groß, als am 15. November um zehn Uhr das Gesamtergebnis der australischen Volksbefragung zur Homo-Ehe bekanntgegeben wurde. 61,6 Prozent der Einwohner „Down Unders“ hatten sich für die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare ausgesprochen, 38,4 Prozent votierten dagegen.

Wenig Freude herrschte dagegen bei den großen christlichen Kirchen, Katholiken wie Anglikanern, die im Rahmen der „Coalition for marriage“ mit Plakataktionen und einem Fernsehspot, der auch vor einer drohenden Frühsexualisierung warnte, Aufmerksamkeit erregt hatten. Nun sei zu befürchten, daß „jene, die an die traditionelle Ehe glauben“, „schikaniert oder gezwungen“ würden, „die neue Sicht der Ehe zu übernehmen“, hatte Sydneys Erzbischof Anthony Fisher schon vor der Wahl gewarnt.

 Mit der Abstimmung geht ein jahrelanger Kampf zwischen Konservativen und Linken, aber auch innerhalb der konservativen Liberal Party of Australia (LPA) zu Ende. In der hatte sich in den vergangenen Jahren eine immer offensichtlicher werdende ideologische Spaltung manifestiert. LPA-Vorsitzender Malcolm Turnbull, Premierminister des 24-Millionen-Einwohner-Landes, hatte sich in der Vergangenheit wiederholt für eine Eheöffnung ausgesprochen. Andere Parteikollegen lehnten das bis zuletzt kategorisch ab. Ex-Regierungschef Tony Abbott etwa beharrte immer wieder auf dem bipolaren Eheverständnis als „Fels, auf dem unsere Gesellschaft gründet“. Um das Thema innerparteilich nicht weiter brodeln zu lassen, entschied sich Turnbull 2016, die lästige Thematik  per Volksabstimmung zu Ende zu führen. Doch der Senat blockierte.

Ausgerechnet die linksliberale Seite wies die Idee einer Volksbefragung in dieser Angelegenheit zurück. Ein Plebiszit zur Homo-Ehe durchzuführen sei ein „absolut erniedrigender Akt“, ließ Labor-Senatorin Louise Pratt verlauten. Auch die LGBT-Lobby lehnte es ab, die Bevölkerung über die Durchsetzung eines „Menschenrechts“ abstimmen zu lassen.

Dennoch entschied sich der Premier letztlich dafür, anstelle einer Volksabstimmung wenigstens eine unverbindliche Volksbefragung durchzuführen, für die eine Zustimmung des Parlaments nicht erforderlich ist – Kostenpunkt: 122 Millionen Dollar. 79,5 Prozent sendeten den Brief ausgefüllt zurück.

Die Deutlichkeit des Ergebnisses überraschte letztlich kaum, hatten doch alle Umfragen genau dies vorausgesagt. Schon einen Tag nach der Verkündung nahm sich der Senat dem Abstimmungsergebnis an und brachte ein entsprechendes Gesetz auf den Weg. Ein umstrittener Alternativentwurf, der Unternehmen das Recht einräumen wollte, Anfragen für die Ausrichtung gleichgeschlechtlicher Hochzeiten unter Verweis auf religiöse Moralvorstellungen abzulehnen, war zuvor auf Druck des Regierungschefs zurückgezogen worden. In der LPA existieren verschiedene Auffassungen dazu, welchen Stellenwert der Schutz der Religionsfreiheit in dem Gesetz haben soll.

Noch vor Weihnachten will sich auch das Unterhaus mit der Thematik befassen. Zwar hatten einige Abgeordnete bereits vor der Volksbefragung angekündigt, der Homo-Ehe in jedem Fall ihre Zustimmung zu verweigern. Dennoch gilt auch hier eine Mehrheit als sicher.

Entsprechend befreit trat Premier Turnbull vor die Kameras und erklärte: das Volk habe gesprochen und „überwältigend“ ja zu Gerechtigkeit und Liebe gesagt.