© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 48/17 / 24. November 2017

Rekordgewinn und Stellenabbau bei Siemens
Erklärt mir das
Carsten Müller

Deutschlands Vorzeige-Technologiekonzern Siemens verdiente im letzten Geschäftsjahr 9,5 Milliarden Euro. Das waren 26 Millionen Euro pro Tag. Dennoch kündigt man an, 6.300 Stellen, hauptsächlich in der Kraftwerkssparte, abbauen zu wollen.

 Rechnet man entsprechende Pläne der Windkraft-Tochter Siemens Gamesa hinzu, geht es insgesamt um fast 13.000 Arbeitsplätze. Angesichts der Rekordgewinne sollten derart umfangreiche Stellenstreichungen gut begründet sein. Und Siemens hätte auch die passenden Argumente. Denn im konventionellen Kraftwerksbau sorgen anhaltende Überkapazitäten für schwache Margen. So liefern die betroffenen Geschäftsbereiche zwar 38 Prozent des Umsatzes, aber nur 25 Prozent des Gewinns.

Schaut das 1847 gegründete Unternehmen hier nicht auf die Kosten, könnte das am Ende auch den Gesamtkonzern schädigen. Das hören viele, insbesondere von seiten der Gewerkschaften und dem linken Politikspektrum, nicht gern. Dadurch wird es aber nicht falsch. Und doch muß sich die Traditionsmarke vorwerfen lassen, hier ungeschickt zu operieren. Denn der geplante Stellenabbau trifft in großem Umfang wieder vor allem die östlichen Bundesländer. Dort ist man spätestens seit den Abbauplänen des kanadischen Zugherstellers Bombardier auf Widerstand gebürstet.

Zumal es derzeit nicht einsichtig ist, daß der Technologiekonzern mit solchen Entlassungszahlen vorprescht. Schließlich, so jedenfalls die Pläne des Vorstandes, will man vorerst versuchen, über Vorruhestandsregelungen und Abfindungen zum Ziel zu kommen. Dies hätte man auch weitaus stiller abwickeln können. Insofern muß sich das Management um Joe Kaeser nicht wundern, wenn ihm nun die geballte Wut von Gewerkschaften und Politik entgegenschlägt. Unter dem Strich sind die Pläne ein erneutes Beispiel dafür, daß der härter werdende globale Wettbewerb auch die viel gerühmte deutsche Sozialpartnerschaft von Unternehmen und Gewerkschaften zunehmend beschädigt.