© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 48/17 / 24. November 2017

Der Flaneur
Sexistische Sauna
Verena Rosenkranz

Wie sexistisch“, geht es mir durch den Kopf, als ich auf meinem Handtuch in der eher milde dampfenden Sauna sitze. Vergeblich versuchen die zehn Frauen neben mir und ich ein paar Schweißtropfen aus unseren Poren herauszukitzeln. 

Das ruhig gelegene Hotel, in das Frauen aller Altersklassen gerne für ein paar Wohlfühltage kommen, gewährt nur dem weiblichen Geschlecht Zutritt, um eindringlichen Blicken von Männern während des unbekleideten Entspannens erst gar keine Gelegenheit zu bieten. Wie es wohl um homosexuelle Frauen steht, frage ich mich, während ich immer noch darauf warte, daß irgendjemand einen Aufguß macht.

Das ruhige Wochenende hat sich schlagartig in einen echten Frauentag verwandelt.

Es wird keine Frau kommen, um etwas Wasser auf den leise brummenden Ofen zu gießen, geführte Aufgüsse sieht das Wellnesshotel im oberen Preissegment nicht vor. Ist schwitzen etwa gesund, aber unweiblich? Auch von den Anwesenden getraut sich keine aufzustehen, zu groß die Gefahr von im Kreis rotierenden Brüsten während des Schwingens mit dem Handtuch. Der Wunsch nach einem starken Mann drängt sich das erstemal an diesem kinder- und ehemannfreien Wochenende auf. 

Egal, der Gong ertönt, das Mittagsbuffet ist angerichtet. Zivilisiert gleiten die ernährungsbewußten Damen nach dem kalten Abduschen über den Badeschlappengang. Mein Hirn bereits auf Nahrungsaufnahme eingestimmt, suche ich mir schnell einen Sitzplatz zwischen den wohlduftenden Bademantelträgerinnen hindurch. 

Suppen, Salate sowie eine vegane Warmspeise stehen in eleganter Kursivschrift auf der Speisekarte. Am Nachbartisch vernehme ich schweres Schnauben, ein genervtes Zuklappen der Karte und die Order an den Kellner, ein großes Bier zu bringen. Rohkost liege ihr schwer im Magen. Ich lasse mein stilles Wasser aus Heilgesteinen stehen und rücke auf. Das ruhige Wochenende hat sich schlagartig in einen echten Frauentag verwandelt.