© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 49/17 / 01. Dezember 2017

Medienhäuser schmieden weltweite Allianzen
Globalisierung der Presse: Deutsche Journalisten und Agenturen vernetzen sich zunehmend international
Christian Schreiber

Die ganze Welt diskutierte jüngst über neuerliche Steuertricks der Superreichen. Mit der Veröffentlichung der sogenannten „Paradise Papers“ ist auch das Internationale Konsortium investigativer Journalisten (ICIJ) wieder in den Blickpunkt der Öffentlichkeit geraten. 

Das ICIJ wurde 1997 als Projekt des „Center for Public Integrity“ (CPI) in den USA gegründet. Ihm gehören nach eigenen Angaben mehr als 200 investigative Journalisten aus 70 Ländern an. Aus Deutschland gehören unter anderem Bastian Obermayer und Frederik Obermaier von der Süddeutschen dem Konsortium an. 

Das CPI ist eine gemeinnützige Organisation in den USA, die sich der Aufgabe verschrieben hat, „Machtmißbrauch, Korruption und Pflichtverletzung durch mächtige öffentliche und private Institutionen aufzudecken“. In den vergangenen Jahren war es bereits für die Veröffentlichung der „Luxemburg Leaks“ oder auch der „Panama Papers“ verantwortlich. Das ICIJ ist einer der bekanntesten Zusammenschlüsse auf dem weltweiten Medienmarkt und steht dabei für einen Trend, bei dem es um Kooperationen, aber auch Kosteneffizienz geht. 

Zusammenschlüsse lohnen sich auch finanziell

Vor rund zwei Jahren haben sich sieben europäische Tageszeitungen unter dem Motto „Gemeinsam sind wir stark“ zur „Leading European Newspaper Alliance“, kurz „Lena“ zusammengeschlossen, darunter aus Deutschland auch Die Welt aus dem Springer-Verlag. Die Allianz erhofft sich für ihre Mitglieder „einen redaktionellen, technologischen und wirtschaftlichen Vorsprung“. Ein Schwerpunkt der Zusammenarbeit ist die Entwicklung und der Austausch redaktioneller Inhalte. Über eine gemeinsame Plattform können die Mitglieder auf ausgewählte Beiträge der Mitglieder zugreifen, außerdem werden Interviews, Features und Kommentare gemeinsam und zeitgleich veröffentlicht. Im Kampf um die Nachrichtenhoheit mischt auch der Internetgigant Google mit. Im Rahmen der „Digital News Initiative“ (DNI) hat der US-Konzern insgesamt einen Fördertopf von 150 Millionen Euro eingerichtet, von dem auch rund 38 Verlage, Rundfunksender und Medienprojekte aus Deutschland profitieren. Insgesamt wurden laut Google bis zum Ende des Jahres 2016 insgesamt 51 Millionen Euro ausgeschüttet. „Wir haben ein langfristiges Interesse daran, daß es guten Journalismus im Netz gibt. Die freie Verfügbarkeit von Informationen, aber auch von Meinungs- und Pressevielfalt ist das Herz der Mission von Google“, sagt Konzern-Manager Gerrit Rabenstein. Durch die Kooperation sichert sich Google aber auch die Gewißheit, daß die Artikel zuerst in ihre Suchmaschine eingespeist werden. 

Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel hat die Zeichen der Zeit ebenfalls erkannt und eine paneuropäische Partnerschaft ins Leben gerufen. Dem Rechercheverbund European Investigative Cooperation (EIC) gehören neben dem Hamburger Magazin acht weitere Titel an. „Die EIC wird weiter wachsen“, sagt Spiegel-Chefredakteur Klaus Brinkbäumer. In einer Satzung haben sich die Chefredakteure der im EIC zusammengeschlossenen Medien zu völliger Geheimhaltung nach außen, aber totaler Transparenz nach innen verständigt. „Die Themen sollen möglichst breit interessieren und werden naturgemäß häufig vor europäischem Hintergrund spielen. Die Veröffentlichung ist zeitlich koordiniert“, teilt das Netzwerk mit. Dabei stehe jedem Journalisten frei, die Recherchen mit dem Hinweis auf das Netzwerk unter eigenem Namen exklusiv in seinem Land zu veröffentlichen. 

Finanziell lohnt sich die Zusammenarbeit auch, schließlich sparen sich die Verlage immer häufiger die Kosten für Korrespondentenbüros in ausländischen Städten. „Der Spiegel hat dieses Netzwerk mit ins Leben gerufen, weil investigative Recherchen heutzutage immer öfter nach einer internationalen Zusammenarbeit, nach einem Austausch von Journalisten aus verschiedenen Ländern verlangen“, teilt der Verlag mit. 

Unter diesem Aspekt arbeiten seit Juni auch jene zusammen, die von ihrem Geschäftsmodell her darauf angewiesen sind, möglichst alle relevanten Informationen zu erhalten, um sie direkt weiterverwerten zu können: die großen Nachrichtenagenturen. Unter dem Namen „European Data News Hub“ wurde eine gemeinsame Europa-Plattform der Agenturen AFP, ANSA und dpa gestartet. Über das frei zugängliche Portal gibt es Texte, Fotos, Videos und Audiobeiträge zu bestimmten EU-Themen. Das Projekt erhält Fördermittel der Europäischen Kommission, die Macher betonen allerdings, daß man redaktionell unabhängig sei. Das Beispiel zeigt allerdings, daß sich neben internationalen Konzernen wie Google auch politische Institutionen für die Teilhabe am Geschäft mit globalen Nachrichten interessieren.