© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 50/17 / 08. Dezember 2017

Jugoslawien-Tribunal
Ungünstiger Zeitpunkt
Ulrich Vosgerau

Die Einsetzung von Ad-hoc-Tribunalen – internationalen Gerichten, die für die Verurteilung einer bestimmten, vorab feststehenden Tätergruppe überhaupt erst geschaffen werden – ist stets Ausdruck einer monopolaren Weltordnung. Das verbindet Nürnberg mit dem nun abgeschlossenen Jugoslawien-Tribunal. Während manche Kriegsverbrecher verdient verurteilt wurden, blieben die Taten anderer ungesühnt: so etwa der völkerrechtswidrige Angriffskrieg der USA gegen den Irak 2003 oder die Stellvertreter-Kriegshandlungen der Saudis im Jemen. Diese sind zwar Islamisten, aber eben mit den USA im Bunde. Also setzt der Weltsicherheitsrat kein Tribunal ein, da die Amerikaner ein Vetorecht haben. 

Aber auch andere kriegsverbrecherische Taten werden voraussichtlich ungesühnt bleiben – nämlich die des syrischen Präsidenten Assad und seiner iranischen Helfershelfer. Auch hier wird der Sicherheitsrat kein Tribunal einsetzen. Denn diese Täter sind mit den Russen alliiert, und eine monopolare Weltordnung gibt es heute eben nicht mehr. Assad regiert immer noch. Die Täter des Jugoslawien-Tribunals haben zu einem für sie weltgeschichtlich schlicht ungünstigen Zeitpunkt gewütet.






PD Dr. iur. Ulrich Vosgerau lehrt Öffentliches Recht, Völker- und Europarecht, Allgemeine Staatslehre und Rechtsphilosophie in Köln.