© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 51/17 / 15. Dezember 2017

Aufgeschnappt
Berliner Null-Visionen
Matthias Bäkermann

In der Hauptstadt wird der Takt angegeben, jetzt auch in der Verkehrspolitik. Kleinkarierte Einwände mit Hinweis auf die kleinen Verzögerungen beim Flughafenbau oder das alltägliche Chaos in Berlins altersmüden S-Bahnzügen dürften kaum ins Gewicht fallen, schaut man auf die wahrhaftig kolossalen Ziele, die vergangenen Dienstag im rot-rot-grünen Entwurf für „Deutschlands erstes Mobilitätsgesetz“ vorgestellt wurden.

Wie die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz mitteilte, soll darin „die Leistungsfähigkeit des Verkehrssystems in seiner Gesamtheit verbessert werden“. Zudem bekräftigt der Senat per Gesetz nicht nur seine Pläne zur klimaneutralen Mobilität, sondern auch für eine Reduzierung der Zahl schwerverletzter und getöteter Unfallopfer auf ein Minimum, wobei die von den Grünen bestellte Senatorin Regine Günther die Zahl Null vorgibt. Das klingt, von den Verkehrsopfern von 2016 (56 Tote und 2.086 Schwerverletzte) ausgehend, reichlich ambitioniert. Aber mit ihren Visionen ist die frühere Energiewende-Aktivistin noch nie „zum Arzt“ (Helmut Schmidt) gegangen. Außerdem paßt ein gewisses Maß an Unbescheidenheit prima an die Spree. Vielleicht steht als nächstes Berlins Senat für Gesundheit mit ähnlichen, die Völker der Welt verblüffenden, Null-Visionen parat.