© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 51/17 / 15. Dezember 2017

Sorge vor Irans Drohungen
Nahostkonflikt: Trumps Jerusalem-Entscheidung erzürnt die islamische Welt / Auch Nato-Partner Türkei geht auf Konfrontationskurs
Marc Zoellner

Die Sorge stand Benjamin Netanjahu förmlich ins Gesicht geschrieben, als er am Sonntag  mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Paris vor die Presse trat: „Der Iran ist überall. Er ist im Irak. Er ist in Syrien“, mahnte der israelische Premier angesichts der jüngsten Drohungen Teherans. Gerade in Syrien, konstatierte Netanjahu, „verschanzt er sich mit seinen Landstreitkräften, seiner Luftwaffe und seiner Marine in der ausdrücklichen Absicht, Israel zu bekämpfen und zu zerstören.“

Es waren deutliche Worte, gerichtet insbesondere an die führenden Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union. Geschlossen hatten diese noch zum Wochenabschluß das unilaterale Vorgehen der Vereinigten Staaten kritisiert, die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen, um mit diesem Schritt neben Rußland sowie der Inselrepublik Vanuatu als dritter Staat weltweit Jerusalem als alleinige Hauptstadt Israels anzuerkennen. US-Präsident Donald Trumps Ratifizierung des „Jerusalemer Botschaftsgesetzes“ (Jerusalem Embassy Act), welches bereits im Oktober 1995 von Senat und Abgeordnetenhaus der USA mit deutlicher Mehrheit beschlossen, unter den Präsidentschaften Clintons, Bushs und Obamas jedoch ausgesetzt worden war, finde sich „nicht in Übereinstimmung mit UN-Resolutionen“, hieß es am Freitag in einer Erklärung Deutschlands, Großbritanniens, Italiens und Schwedens vor dem UN-Sicherheitsrat. Sie sei ebenso „nicht hilfreich in Hinsicht der Aussichten auf Frieden in der Region.“

„Jede Leugnung der simplen Wahrheit der israelischen Herrschaft über Jerusalem läßt einen Frieden schwinden, da diese Erwartungen in den Palästinensern weckt, welche von der Realität losgelöst sind“, reagierte der israelische Premier. Präsident Trump habe einen mutigen Schritt vollzogen.

Tatsächlich schossen militante Palästinenser schon erste Raketen vom Gaza-Streifen nach Israel, kurz nachdem die radikalislamische Hamas als Antwort auf  Trumps Gesetzesunterzeichnung „drei Tage des Zorns“ sowie den Auftakt einer neuen Intifada verkündet hatte. Tausende aufgebrachte Palästinenser hatten sich überdies nach den Freitagsgebeten in Gaza-Stadt, in der Westbank sowie im arabisch geprägten Ostteil Jerusalems versammelt, um gegen Israel und die USA zu demonstrieren. 

Teheran will „Zionisten noch härter treffen“

Während der anhaltenden Gewalttätigkeiten zwischen den Protestlern und israelischen Sicherheitskräften wurden mindestens 300 Menschen zum Teil schwer verletzt, berichteten lokale Krankenhäuser später.

In der Türkei übte sich Präsident Recep T. Erdogan in verbaler Konfrontation gegen seinen Nato-Verbündeten. „Durch ihre Entscheidung sind die USA zum Teilhaber in diesem Blutvergießen geworden“, erklärte er am Montag. „Wer das Leben in Jerusalem für Muslime und andere Gläubige schwermacht, kann sich die Hände nicht vom Blut reinwaschen.“ 

Zwar blieb die Mehrzahl der internationalen Proteste, so wie in Tunesien, Jordanien, Malaysia und Indonesien, weitgehend friedlich. Im Libanon hingegen versuchten Anhänger der Hisbollah, die US-Botschaft zu erstürmen. Erst der Einsatz von Tränengas und Wasserwerfern konnte die Situation für die Ordnungskräfte wieder unter Kontrolle bringen.

In Amsterdam schlug ein Palästinenser die Frontscheibe eines jüdischen Restaurants ein, und in Göteborg verübte eine Gruppe junger Muslime einen Brandanschlag auf die Synagoge der Stadt. „Wir haben von Malmö aus die Intifada verkündet“, skandierten gut 200 Immigranten zeitgleich in der südschwedischen Metropole: „Wir werden die Juden erschießen.“

Größte Sorge bereitete Netanjahu in Paris allerdings Irans Drohung: „Die islamische Welt wird sich gegen diese Verschwörung erheben und mit ihren Taten die Zionisten noch härter treffen“, zitierte die iranische Presse den Obersten Religionsführer Ajatollah  Ali Khamenei.