© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 51/17 / 15. Dezember 2017

Zur Debattenkultur der alten Bundesrepublik
Existenz einer gebildeten Masse
(wm)

Die großen Debatten der 1970er und 1980er Jahre sind von „Gegenwartsdiagnosen“ in Buchform beherrscht worden. In teils millionenfacher Auflage wurden sie von einem Massenpublikum gelesen, das in Zeiten der „Ölkrise“ verstärkt nach Orientierung suchte. Der erste Bestseller dieses Genres, „Die Grenzen des Wachstums“ (1970), von Dennis Meadows und den Kollegen des Club of Rome, gab bereits den endzeitlichen Ton vor, den dann Alvin Toffler („Der Zukunftsschock“, 1970), Konrad Lorenz („Die acht Todsünden der zivilisierten Menschheit“, 1973), Herbert Gruhl („Ein Planet wird geplündert“, 1975) und Robert Jungk („Der Atomstaat“, 1977) verschärften. Torsten Kath-ke, Historiker am Obama-Institut der Mainzer Universität, erklärt die enorme Resonanz dieser Zeitanalysen einerseits mit der „Marketingmaschinerie“ von Medienkonzernen wie Bertelsmann, die über hinreichend Finanzkraft verfügten, um den Sachbuchkonsum anzukurbeln. Andererseits mit der „Existenz einer gebildeten Masse“, die noch „politisch interessiert“ gewesen sei (Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung – Jahrbuch 2017/2018). Erst nach 1990 habe die „digitale Zerfledderung der Medienwelt“ eingesetzt und „der Buchgebrauch ging deutlich zurück“, so daß der „diskursive Raum“ nicht länger von wenigen „meinungsmachenden“ Verlagen dominiert werden konnte. 


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